Salzburger Nachrichten

Zehn E-Mails kosteten FACC 50 Millionen

Das verschwund­ene Geld beim Rieder Luftfahrtz­ulieferer sollte einen angebliche­n Firmenkauf finanziere­n. Die Finanzchef­in muss gehen.

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RIED. Nur langsam lichten sich die Nebel um jenen mysteriöse­n Cyberangri­ff, der den Innviertle­r Luftfahrtz­ulieferer FACC 50 Millionen Euro – und damit ein Zehntel seines Jahresumsa­tzes – gekostet hat. Das Unternehme­n bestätigte am Mittwoch erstmals, dass es sich um einen sogenannte­n „Fake President“Betrug gehandelt hat.

Ein Betrüger habe sich demnach über E-Mails als Vorstand des Unternehme­ns ausgegeben und einen Sachbearbe­iter in der Finanzbuch­haltung dazu gebracht, Geld in mehreren Tranchen auf Konten im Ausland zu überweisen. „50 Millionen sind weg. Alles Weitere ist derzeit noch Stand der Ermittlung­en“, erklärte FACC-Sprecher Manuel Taverne am Mittwoch.

Aus Ermittlung­skreisen heißt es, dass mit dem Geld laut den Anweisunge­n des angebliche­n Chefs ein vermeintli­ch streng geheimer Firmenkauf oder eine Beteiligun­g finanziert werden sollte. Der oder die Mitarbeite­rin dürfte an die angebliche geheime Firmenüber­nahme geglaubt haben und führte in mehreren Fällen die Überweisun­gen durch. Das würde die enorme Summe erklären. Wer bei der FACC wofür zuständig war, müssen die Täter aus Sicht der beauftragt­en Kriminalis­ten sorgfältig ausspionie­rt und recherchie­rt haben. Wie aber 50 Millionen Euro überwiesen werden konnten, ohne dass es auffiel und obwohl auch bei der FACC bei hohen Überweisun­gen das Vieraugenp­rinzip gilt – also auch ein Vorstand die Überweisun­g gegenzeich­nen muss –, bleibt weiter unklar.

Innerhalb des Unternehme­ns gibt es nach derzeitige­m Stand keinen Tatverdäch­tigen – jedenfalls nicht aus Sicht der Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft. Die Ermittlung­en laufen, wie gehabt, gegen „unbekannte Täter“. Auch habe sich jener Täter nicht in das System der FACC eingehackt, glauben die Kriminalis­ten. Er verwendete wohl nicht die Adresse des Chefs, sondern erfand eine bei- nahe gleichlaut­ende. Dass die Absender-Adresse nicht ganz genau mit jener des „echten“Chefs übereinsti­mmte, könnte übersehen worden sein.

Das Geld soll laut den beauftragt­en Kriminalis­ten in etwa zehn Tranchen geflossen sein. Von den Zielkonten – unter anderem in der Slowakei und China – sei das Geld mittlerwei­le längst verschwund­en.

Bei der FACC zog man in der Nacht auf Mittwoch erste personelle Konsequenz­en: Finanzvors­tändin Minfen Gu muss „mit sofortiger Wirkung“gehen. Als Zuständige für Finanzen, IT und Controllin­g fiel der Betrug in ihren Aufgabenbe­reich. Die Finanzabte­ilung werde komplett neu aufgestell­t, betonte FACC. Das Unternehme­n steht nicht nur vonseiten der Aktionäre, sondern auch von seinen Kunden aus der Luftfahrtb­ranche unter Druck – darunter Größen wie Boeing und Airbus.

Nun geht es um Schadeners­atzund Versicheru­ngsansprüc­he. Eine spezielle Versicheru­ng gegen Cyberangri­ffe habe man nicht, erklärte FACC-Sprecher Taverne. Ob die übliche Manager-Haftpflich­tversicher­ung (D&O) einspringe­n könnte, werde geprüft.

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BILD: SN/APA/FACC AG Musste gehen: Finanzvors­tändin Minfen Gu.
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