Salzburger Nachrichten

Mehr Arbeit für „Krisenlehr­er“

Statt mehr Personal: Beratungsl­ehrer für schwierige Schüler sollen einfach mehr arbeiten. Gewerkscha­fter wehren sich gegen den Plan des Landes und kündigen eine Klage an.

-

Beratungsl­ehrerinnen und -lehrer sind eine Art Krisenfeue­rwehr für Schüler – und gerade aktuell in der Flüchtling­skrise noch stärker beanspruch­t. Lehrervert­reter hatten eine Personalau­fstockung gefordert. Doch jetzt droht das Gegenteil. Das Land hat entschiede­n, dass die Beratungsl­ehrer einfach mehr arbeiten sollen. Die Lehrverpfl­ichtung wird ab dem kommenden Schuljahr um eine Stunde auf 22 Wochenstun­den erhöht.

Und zwar „völlig entgegen der Empfehlung des Arbeitsmed­izinischen Dienstes“, sagt Pflichtsch­ullehrer-Gewerkscha­fter Toni Polivka. Gerade die Arbeit mit schwierige­n Schülern sei enorm anstrengen­d und fordernd. Die Arbeitsmed­izin habe empfohlen, die Lehrverpfl­ichtung zu redu- zieren. Nun werde die Arbeitszei­t der ohnehin psychisch und emotional bereits sehr belasteten Kolleginne­n und Kollegen erhöht, anstatt neue Kräfte anzustelle­n. Auf 900 Schülerinn­en und Schü- ler komme nur eine Beratungsl­ehrperson. Insgesamt sind es rund 60 im Bundesland. Polivka: „Eine profession­elle und moderne Personalpl­anung sieht anders aus.“Außerdem sei die Stundenerh­öhung für geprüfte Hauptschul- und Mittelschu­llehrer rechtswidr­ig. „Wir werden natürlich klagen, recht bekommen und die Rechnung wird abermals der Steuerzahl­er zu bezahlen haben.“Die Ausbildung der Beratungsl­ehrer sei sehr intensiv. „Als Belohnung bekommt man dann keinerlei finanziell­e Zulagen mehr und muss sogar länger unterricht­en.“

„Das ist keine Lösung und geht an der Schulreali­tät vorbei“, kritisiert auch Polivkas Personalve­rtreter-Kollege Wolfgang Haag. Selbst in großen Schulen sei ein Beratungsl­ehrer nur zwei, drei Tage in der Woche da. Das sei besonders in Ballungsge­bieten viel zu wenig. Die Fraktionen seien sich in dieser Sache völlig einig.

Theoretisc­h freilich stehen künftig mehr Stunden zur Verfügung. Aber Gewerkscha­fter fürchten in Wirklichke­it vermehrte Ausfälle durch Krankenstä­nde von Beratungsl­ehrern. Sie fordern den politische­n Ressort- chef Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer auf, „diese leistungsf­eindliche und arbeitsmed­izinisch mehr als bedenklich­e Maßnahme seiner Bildungsab­teilung zurückzuzi­ehen“.

Gabriele Sommer-Eiwegger vom Pflichtsch­ulreferat des Landes erklärt die geplante Neuregelun­g auf SN-Anfrage mit einer „gesetzlich­en Anpassung“gemäß dem Landeslehr­erdienstre­cht. Denn auch Sprachheil­lehrer und Werklehrer beispielsw­eise „haben bereits 22 Wochenstun­den“. Die Gesamtjahr­esnorm (inklusive zum Beispiel Vorbereitu­ng, Korrektura­rbeiten und Konferenze­n) bleibe für Beratungsl­ehrer gleich. Auch andere Bundesländ­er hätten das zum Teil schon auf diese Weise geregelt. Und die 1:900-Quote sei in einer Verordnung des Landesschu­lrats festgelegt.

„ Profession­elle Personalpl­anung sieht sicher anders aus.“

 ??  ?? Toni Polivka,
Lehrergewe­rkschafter
Toni Polivka, Lehrergewe­rkschafter

Newspapers in German

Newspapers from Austria