Homosexuelle Paare können auch in Italien aufatmen
Gegen den massiven Widerstand der katholischen Konservativen wurde eine Gleichstellung beschlossen.
ROM. Mit der rechtlichen Anerkennung homosexueller Paare ist Italien sehr viel später dran als seine Nachbarländer. Ein Gesetz, das diesen Paaren viele Rechte außer der Adoption einräumt, dabei aber jede Gleichsetzung mit der traditionellen Ehe strikt vermeidet, hat nun in einem Vertrauensvotum im Senat die entscheidende Hürde genommen. „Ich habe Kopf und Kragen riskiert“, meinte der sozialdemokratische Premier Matteo Renzi.
Über Monate hindurch wurde über die längst überfällige Reform gestritten – und auch die katholische Kirche Italiens warf sich entgegen den Intentionen des Papstes überraschend wieder ins politische Getümmel. Vergebens. Immerhin hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Italien dazu verurteilt, für gleichgeschlechtliche Paare eine angemessene rechtliche Regelung zu schaffen.
Fast zwei Jahre lang trieb die sozialdemokratische Senatorin Monica Cirinnà mit Leidenschaft den nach ihr benannten Gesetzentwurf voran, gegen viel Widerstand bei Mitte-rechts und engagierten Katholiken ihrer eigenen Partei. Zu ihrem mehrheitsbildenden Verbündeten wurde die oppositionelle Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) – bis deren Guru Beppe Grillo seinen Senatoren überraschend die Abstimmung freigab. Man wollte die vielen Katholiken und Konservativen in der eigenen Wählerschaft nicht verprellen und der Regierung Renzi den Erfolg nicht gönnen. Der Absprung ge- schah nur Stunden vor der Abstimmung. Da der Regierungschef auch nach diesem „Verrat“nicht auf die „Unioni civili“, wie die neuen Partnerschaften heißen, verzichten wollte, suchte er in harten Verhandlungen eine neue Mehrheit mit sei- nem eigentlichen Mitte-rechts-Koalitionspartner von Innenminister Angelino Alfano.
Dabei musste auf die im CirinnàEntwurf vorgesehene Möglichkeit zur Adoption von Partnerkindern, einen besonderen Dorn im Auge der Kirche, verzichtet werden. Eine „Revolution wider die Natur“sei verhindert worden, jubelte Alfano in einer bemerkenswerten Formulierung. Auch die im traditionellen Eherecht festgelegte Verpflichtung zur „Treue“unter den homosexuellen Partnern wurde auf Wunsch der Alfano-Truppe aus dem Gesetzentwurf nicht sehr schweren Herzens gestrichen.
Ansonsten wurde das CirinnàGesetz im Senat nicht weiter gestutzt, sodass es jetzt zur endgültigen sicheren Abstimmung mit großer sozialdemokratischer Mehrheit in die Deputiertenkammer gehen kann. Ähnlich wie im Eherecht werden die homosexuellen Partner zum gegenseitigen Unterhalt verpflichtet, können den Namen des Partners übernehmen, haben viele Rechte und Pflichten wie in traditionellen Familien. Enttäuschte Homosexuellen-Verbände wollen am 5. März trotzdem auf die Straße gehen. Aber wogegen? Vielleicht ist bis dahin schon ein Gesetzentwurf für die Adoption von Partnerkindern in der Deputiertenkammer eingebracht. Ein derartiger Entwurf sei schon beinahe fertiggestellt, sagte Monica Cirinnà. Ob dann die katholischen Proteste und Drohungen wieder von vorn beginnen?
Das Gesetz über die eingetragenen Partnerschaften mag, wie Matteo Renzi sagt, ein „historisches Ereignis“sein. Aber wie es zustande gekommen ist, kann wohl niemand als Ruhmesblatt für die Politik in Italien, für die Parteien bezeichnen.
Es ist ein Lehrstück dafür, wie unnötig zäh und schwerfällig Reformen verwirklicht werden, wenn sachfremde Interessen sie überlagern.