Provinz ist, wo die Brettljause sterben muss
Wer den Namen lokaler Speisen internationalisiert, kaschiert bloß eine heftige Provinzialität.
Ein Schnitzel ist ein Schnitzel. Überall. Ein Schnitzel kannst du, wenn dir alles wurscht ist, auch in der Türkei oder in Rimini bestellen. Allerdings lässt sich die Bezeichnung „Schnitzel“nicht locker austauschen gegen einen anderen Namen. Da ist das Schnitzel fast wie der Mozart, man kennt es zu gut, um es umzubenennen. Bei anderen Speisen allerdings macht sich hierzulande in sogenannten Tourismushochburgen eine Art Provinzkomplex bemerkbar, ein Reflex zur Anpassung, zum Anschluss, ja eine Unterwerfung letzter Werte unter das angebliche Wohlbefindlichkeitsbedürfnis für Gäste. Das drückt sich dann so aus, dass man meint, ein neuer Name in fremder Sprache mache die kleinste Hütte weltmännisch und international. Und so war kürzlich die überaus freundliche Kellnerin verwirrt. Ich hatte auf der Skihütte eine Brettljause bestellt. „Was hätten Sie gern?“, fragt sie überrascht. „Da, Brettljause“, sage ich und zeige auf die Speisekarte. Ich hatte keine Lust auf Warmes und außerdem stand es ganz oben als Erstes auf der Karte und ich war zu faul, um die Karte zu lesen. Ich las bloß „Speck“und „Käse“und „Bauernbrot“. Da stand aber nicht „Brettljause“. „Oh, versteh schon: Sie meinen die ,Alm Tapas‘“, sagt die Kellnerin. Die meinte ich zwar nicht, aber was ich meinte, hieß nun halt so. Ach so, es gibt dann auch noch Sauren Knödel auf dieser Speisekarte. Dabei ist mit dem Kartendesigner bei der Namensuche das Italienische durchgegangen: „Knödelcarpaccio.“Noch lässiger wär’s allerdings gewesen, wenn Essigwurst auch auf der Karte stünde: Weil „Knackercarpaccio“klingt echt irre.