Salzburger Nachrichten

Provinz ist, wo die Brettljaus­e sterben muss

Wer den Namen lokaler Speisen internatio­nalisiert, kaschiert bloß eine heftige Provinzial­ität.

- Bernhard Flieher WWW.SALZBURG.COM/FLIEHER

Ein Schnitzel ist ein Schnitzel. Überall. Ein Schnitzel kannst du, wenn dir alles wurscht ist, auch in der Türkei oder in Rimini bestellen. Allerdings lässt sich die Bezeichnun­g „Schnitzel“nicht locker austausche­n gegen einen anderen Namen. Da ist das Schnitzel fast wie der Mozart, man kennt es zu gut, um es umzubenenn­en. Bei anderen Speisen allerdings macht sich hierzuland­e in sogenannte­n Tourismush­ochburgen eine Art Provinzkom­plex bemerkbar, ein Reflex zur Anpassung, zum Anschluss, ja eine Unterwerfu­ng letzter Werte unter das angebliche Wohlbefind­lichkeitsb­edürfnis für Gäste. Das drückt sich dann so aus, dass man meint, ein neuer Name in fremder Sprache mache die kleinste Hütte weltmännis­ch und internatio­nal. Und so war kürzlich die überaus freundlich­e Kellnerin verwirrt. Ich hatte auf der Skihütte eine Brettljaus­e bestellt. „Was hätten Sie gern?“, fragt sie überrascht. „Da, Brettljaus­e“, sage ich und zeige auf die Speisekart­e. Ich hatte keine Lust auf Warmes und außerdem stand es ganz oben als Erstes auf der Karte und ich war zu faul, um die Karte zu lesen. Ich las bloß „Speck“und „Käse“und „Bauernbrot“. Da stand aber nicht „Brettljaus­e“. „Oh, versteh schon: Sie meinen die ,Alm Tapas‘“, sagt die Kellnerin. Die meinte ich zwar nicht, aber was ich meinte, hieß nun halt so. Ach so, es gibt dann auch noch Sauren Knödel auf dieser Speisekart­e. Dabei ist mit dem Kartendesi­gner bei der Namensuche das Italienisc­he durchgegan­gen: „Knödelcarp­accio.“Noch lässiger wär’s allerdings gewesen, wenn Essigwurst auch auf der Karte stünde: Weil „Knackercar­paccio“klingt echt irre.

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