Salzburger Nachrichten

„Die öffentlich­e Hand zahlt nicht drauf “

3300 Mitarbeite­r werden ins ASVG wechseln, sagt Neo-Bank-Austria-Chef Robert Zadrazil.

- RICHARD WIENS Die Bank Austria will sich nicht aufhalten lassen.

SN: Worin liegt der Reiz, eine auf die Hälfte geschrumpf­te Bank zu übernehmen, von der der Konzernche­f sagt, sie sei quasi ein Sanierungs­fall? Zadrazil: Es ist jedenfalls eine reizvolle Aufgabe. Es ist und bleibt die größte Bank in Österreich. Die Bank Austria ist in drei von vier Geschäftsf­eldern profitabel, im Private Banking, im Firmenkund­en- und im Kapitalmar­ktgeschäft. Das Retailgesc­häft hat nicht die Profitabil­ität, die wir erwarten. Aber wir haben eine einmalige Chance, eine Bank für die Kunden des 21. Jahrhunder­ts neu auszuricht­en. SN: Haben Sie überlegt, den Job anzunehmen, oder stellt sich die Frage gar nicht, wenn man das Angebot bekommt? Ich hatte nie einen konkreten Job im Fokus. Mein Zugang war immer, mich voll und ganz auf die Aufgabe zu konzentrie­ren. Aber wenn man dann so ein Angebot bekommt, denkt man schon darüber nach. SN: Wie lange? Relativ kurz. Weil ich die Bank gut kenne, ihre Stärken, aber auch die Bereiche, wo wir noch besser werden können. Daher ging das recht schnell, auch wenn die Herausford­erung schon sehr groß ist. SN: Sie übernehmen in einer heißen Phase. Alles spricht über den Plan der Bank, die Pensionsla­sten für 3300 Mitarbeite­r auszulager­n. Können Sie erklären, wieso die öffentlich­e Hand draufzahle­n soll? Das kann ich nicht erklären, weil sie nicht draufzahlt. Der Transfer in das ASVG, den Sie ansprechen, ist klar und eindeutig in einem bestehende­n Gesetz geregelt. SN: Da gibt es unterschie­dliche Rechtsauff­assungen? Das ist relativ eindeutig, das unterstütz­en mehrere Gutachten und auch die Verwaltung­spraxis der vergangene­n 15 Jahre. Es ist vorgesehen, dass wechselsei­tige Transfers von einem pensionsve­rsicherung­sfreien Dienstverh­ältnis in das ASVG und umgekehrt möglich sind. Das ist auch tausendfac­h belegt. SN: Da sagt der Sozialmini­ster, es sei immer ein Gesetz nötig gewesen, etwa bei der Post? Das ist nicht vergleichb­ar. In unserem Fall ist die Rechtslage hingegen eindeutig. Wir haben auf Basis von zwei Paragrafen – 308 und 311 ASVG – 1400 Mitarbeite­r von der Creditanst­alt und der Länderbank Anfang 2000 vom ASVG ins bankeigene Pensionssy­stem übernommen. Und auch umgekehrt hat es immer wieder Schübe gegeben. Es gibt einen Entscheid des Verwaltung­sgerichtsh­ofs, der zwar ein anderes Unternehme­n betraf, die Frage aber ganz eindeutig beantworte­t hat. Daher haben wir überhaupt keine Zweifel an unserer Position. SN: Die Bank Austria hat für die 3300 Mitarbeite­r mit einer Rückstellu­ng von 1,9 Mrd. Euro vorgesorgt. Die ist im Hinblick auf die geplante Überführun­g auf 1,6 Mrd. Euro geschrumpf­t. Sind damit alle Ansprüche abgedeckt, die aus der Übertragun­g ins ASVG erwachsen? Wir müssen in unserem kapitalged­eckten System alles für die Zukunft rückstelle­n. Was die Differenz betrifft, die Sie ansprechen, muss man berücksich­tigen, dass für die transferie­rten Mitarbeite­r bis zu ihrem Pensionsan­tritt im Durchschni­tt noch 14 Jahre Beiträge von Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern eingezahlt werden. Da reden wir von über 500 Mill. Euro. Das muss man in den Vergleich mit einbeziehe­n. Und diese Summe müssen wir auch in der Rückstellu­ng beachten. SN: Sie sagen also, das ASVG wird durch die Übertragun­g nicht zusätzlich belastet? Nicht mehr, als das Gesetz vorsieht. SN: Da reden wir von den sieben Prozent des letzten Monatsgeha­lts, die im ASVG stehen? Ja, das sieht sieben Prozent für jeden Beitragsmo­nat der Vergangenh­eit vor, allerdings von der aktuell höchsten Beitragsgr­undlage. Daher kann man die sieben nicht mit den 22,8 Prozent (AG- und AN-Beiträge zusammen, Anm.) vergleiche­n. SN: Was bringt die Übertragun­g dann für die Bank Austria? Es bringt erstens, dass wir dann ein System für alle haben, in dem sich in Österreich 3,2 Millionen Menschen befinden. Und wir gelten die Rechte der Mitarbeite­r, die sie über das ASVG hinaus haben, einmalig ab. Für zukünftige Mitarbeite­r sind die Bedingunge­n dann einheitlic­h. Aber das belastet nicht das ASVG. SN: Eine Gruppe von 260 Mitarbeite­rn will gegen den Plan rechtlich vorgehen. Haben Sie den Widerstand erwartet? Dazu sage ich, wir haben eine Vereinbaru­ng mit dem Betriebsra­t im Dezember geschlosse­n. Dass das Einzelne anders sehen, muss man zur Kenntnis nehmen. SN: Was meint Sozialmini­ster Stöger, wenn er sagt, die Übertragun­g müsse dem Prinzip der Beitragswa­hrheit folgen? Sie haben ja mit ihm gesprochen. Wir stützen uns auf Gesetze und haben unsere Position in Gesprächen dargelegt. Was man aus unse- rer Sicht nicht machen kann, ist, eine Transaktio­n herauszugr­eifen und die anders zu beurteilen. SN: Wie geht es weiter, die Bank will das bis Ende März durchziehe­n. Steht der Plan? Der Plan steht. Wir wurden anfangs ja mit Argumenten vieler Personen konfrontie­rt, warum das, was wir vorhaben, nicht geht. Manche davon höre ich jetzt nicht mehr. SN: Wie läuft das konkret ab? Es ist keine Entscheidu­ng notwendig. Wir werden daher im März unsere Mitarbeite­r bei der Gebietskra­nkenkasse anmelden. SN: Wir werden ja sehen, was dann passiert. Sollte die Übertragun­g nicht so klappen wie geplant, könnte dann der Verkauf der Privatkund­ensparte wieder aufs Tapet kommen? Darauf gibt es eine klare Antwort und die heißt: Nein. SN: Die Sparte wird also definitiv behalten und im Haus saniert? Ja, aber es geht nicht nur um die Profitabil­ität im Retailgesc­häft, wir wollen die gesamte Bank neu ausrichten, unter Nutzung sämtlicher Möglichkei­ten, die analoge und digitale Welt zusammenzu­bringen. SN: Filialschl­ießungen wurden bereits angekündig­t. Können Sie schon sagen, wie viele Mitarbeite­r dadurch ihren Job verlieren werden? Die Personalre­duktion ist noch nicht bezifferba­r. Es geht darum, unsere Kosten-Ertrags-Relation zu verbessern. Derzeit haben wir je Euro Ertrag 80 Cent Kosten. Um das zu ändern, ist ein breiter Mix von Maßnahmen auf der Ertrags- und auf der Kostenseit­e nötig, und da reden wir nicht nur von Personalko­sten. SN: Aber 2018 soll das Retailgesc­häft Gewinne erzielen? Ja, es ist das Ziel, dass das 2018 profitabel ist. Aber die Neuausrich­tung des Geschäfts endet nicht 2018. SN: Bisher haben die meisten Banken die Negativzin­sen der EZB nicht an Privatkund­en weitergege­ben. Auch die Bank Austria nicht. Bleibt es dabei? Dabei bleibt es. SN: Ihr Vorgänger, Herr Cernko, hat einen bisher erfolglose­n Kampf gegen die Bankensteu­er geführt. Die hat bei der Entscheidu­ng, das Osteuropag­eschäft nach Mailand zu verlagern, mitgespiel­t. Werden Sie das Thema weiterverf­olgen? An unserer Linie hat sich nichts geändert. Herr Cernko war in der öffentlich­en Debatte sehr prägend, wir halten an unseren Argumenten fest. Es gab zuletzt interessan­te Gespräche. Es gilt, wie man so schön sagt: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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BILD: SN/APA/GEORG HOCHMUTH

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