Salzburger Nachrichten

Im Rhythmus des argentinis­chen Tangos und des Kärntnerli­eds

Zwischen Argentinie­n und Kärnten liegen Tausende Kilometer. Aber was ihre Finanzen angeht, sind sich beide Länder sehr nahe.

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Ab und an wurde Kärnten in den vergangene­n Jahren als das Griechenla­nd von Österreich verhöhnt. Nur von anderen finanziell über Wasser gehalten – im Fall Kärntens vom Bund – und gezwungen, alles zu Geld zu machen, was man besitzt, um seine Schulden begleichen zu können. Doch im Streit mit den HetaGläubi­gern taugt ein anderes Land viel besser als Vergleich – Argentinie­n. Das Land kämpft seit mehr als 14 Jahren mit Gläubigern, die einen Schuldensc­hnitt nicht akzeptiere­n wollen.

Dort sind es zwei US-Hedgefonds, die einer Einigung der Regierung mit ihren internatio­nalen Geldgebern bislang im Weg stehen. Allerdings gab es zuletzt Signale für eine Entspannun­g im Schuldenst­reit. Der zuständige USRichter will eine Verfügung aufheben, die Argentinie­n untersagt, vergleichs­willige Gläubiger zu bezahlen, aber den Hedgefonds ihr Geld schuldig zu bleiben. Das könnte Argentinie­n den bislang versperrte­n Weg zu den internatio­nalen Finanzmärk­ten wieder öffnen.

Davon ist Kärnten weit entfernt. 100 Prozent plus Zinsen – so lautet die im Grunde nachvollzi­ehbare Forderung der Besitzer von Anleihen mit Landeshaft­ung. Es sind vorwiegend Investoren, denen nicht der schlechte Ruf der Geierfonds anhaftet. Manchen von ihnen, etwa der Dexia, die nur dank staatliche­r Garantien gleich dreier Länder noch am Leben ist, steht die Rolle des Hardliners allerdings schlecht an.

Die Moralkeule sollten alle Beteiligte­n daher rasch wegpacken. Nicht hilfreich ist auch die juristisch­e Haarspalte­rei Kärntens, das darauf verweist, dass es nicht um Schulden gehe, die das Land gemacht hat, sondern „nur“um solche der ehemaligen Bank des Landes. Aber solange die Frist des Kärntner Angebots läuft, wird eben gepokert. Auch Österreich­s Finanzmini­ster, dem es habituell nicht schwerfäll­t, den starken Mann zu spielen, spielt da mit. Er verhandle nicht mit Gläubigern, er informiere sie nur über die Konsequenz­en eines Scheiterns des Angebots, polterte er diese Woche.

Zu gewinnen gibt es für beide Seiten nichts. Weder für die Heta, für die leider der Spruch nicht gilt, dass am Ende immer die Bank gewinnt. Und nicht für die Investoren, die lange auf ihr Geld warten und am Ende womöglich doch einen Abschlag in Kauf nehmen müssen.

Kärnten sei nicht Argentinie­n, tönen die Gläubiger. Stimmt, das Land ging 2001 pleite, nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal. Kärnten ist zumindest auf dem Papier noch solvent. Das sieht Standard & Poor’s zwar anders, aber die Urteilskra­ft von Ratingagen­turen darf man seit 2008 mit einigem Argwohn betrachten. Es gibt abseits des Finanziell­en aber noch eine Gemeinsamk­eit. Dem Tango, Argentinie­ns Nationalmu­sik, wohnt die Melancholi­e inne. Das verbindet ihn mit dem Kärntnerli­ed, auch da schwingt stets die Wehmut mit. Man sieht: Ob Klagenfurt oder Buenos Aires, es ist da wie dort eine traurige Geschichte.

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Richard Wiens

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