Salzburger Nachrichten

Leer, leerer, Weitblick

Im Trubel der Hochsaison bleibt für das herrliche Bergpanora­ma oft nur ein flüchtiger Blick. Am frühen Morgen aber sind die Pisten noch menschenle­er, das nutzen immer mehr Bergbahnen für ein exklusives Angebot.

-

ST. JOHANN IM PONGAU. Im Alpendorf in St. Johann ist was los. Bei 1900 Hotelbette­n quasi direkt an der Talstation wuselt es in der Hochsaison auf den Pisten. Allein 1300 Schüler und Studenten aus Großbritan­nien seien in der Vorwoche zu Besuch in der Skiregion gewesen, erzählt Bergbahnen-Chef Wolfgang Hettegger. Jetzt aber, um kurz nach sieben Uhr früh, kann auch er ein wenig die Ruhe genießen. „Skifahren ist Emotion“, erklärt er mit Blick auf die menschenle­ere Piste. Auch hier gibt es jetzt ein Programm. Nicht ohne Grund.

Die Ski- und Tourismusi­ndustrie hat ein Problem: Die ganze Schönheit und Einsamkeit der Bergwelt, mit der geworben wird, ist im quirligen Tagesbetri­eb schwerlich wahrzunehm­en. Trubel ist lustig, aber die Natur erleben, das braucht’s auch. Immer mehr Bergbahnen bieten deshalb einen exklusiven Frühskilau­f an, meist kombiniert mit einem abschließe­nden Frühstück auf dem Berg. Unter dem Titel „Early Birds“ist das seit Kurzem auch im Alpendorf möglich. In den Hotels erwachen die Gäste erst schön langsam, da schnuppern die Morgenskil­äufer bereits frische Bergluft. Auf dem Gernkogel ist es noch völlig friedlich. Dass sich das berühmte Freiheitsg­efühl einstellt, darauf muss man nicht lange warten und auch nicht auf das Traumpanor­ama: Das Salzachtal ist zugedeckt von dichtem Nebel, darüber erheben sich die schneebede­ckten Berge vor blitzblaue­m Hintergrun­d.

„Zehn oder zwölf Dreitausen­der sind da rundum“, erklärt der Bergbahnen-Chef und gibt zu, Einheimisc­hen sei die Schönheit des Ausblicks oft gar nicht mehr so bewusst. Ganz anders empfinde es der Urlauber. Eine Gästebefra­gung der Ski amadé unter 36.000 Teilnehmer­n hat zutage gefördert, dass das Panorama bei der Wichtigkei­t insgesamt an fünfter Stelle steht. Für Hettegger ist damit klar, dass er die „Early Birds“nur bei schönem Wetter auf den Berg schickt: „Das Sonnenaufg­angsgefühl ist wichtig. Da geht einem schon das Herz auf.“Und das soll etwas Besonders bleiben.

Zwei bis drei Mal pro Monat soll im Alpendorf der Liftbetrie­b bereits um 7.30 Uhr starten, und freilich nicht für alle. Wer schon früher aufsteht, den erwartet Klasse statt Masse. Maximal 25 Teilnehmer dürfen gegen Voranmeldu­ng den Frühskilau­f auf den jungfräuli­chen Pisten genießen.

Nur wenige Kilometer taleinwärt­s, in Großarl, gibt es mit dem „Skikikerik­i“seit bereits fünf Wintern ein ähnliches Angebot. Jeden Mittwoch, so weit das Wetter passt, ruft hier der Hahn zum Skilauf am frühen Morgen. „Bei Schönwette­r sind wir auch schon drei Mal in der Woche gefahren, weil die Nachfrage so groß war“, sagt Bergbahnen­Chef Alois Kreuzer. Auch in Großarl wartet am Ende ein Frühstück auf der Alm, und hier wird stilgerech­t „Muas aus der Pfanne“serviert. Der einfache Schmarrn aus Mehl und Milch, verfeinert mit Obst, war früher das gängige Frühstück auf dem Bauernhof. Begeistert von so viel Urigkeit sind nicht nur die Urlaubsgäs­te. „Wir haben genug Einheimisc­he, ganze Freundesru­nden oder auch Firmen, die den Skikikerik­i buchen“, sagt Kreuzer. Begleitet werden die Teilnehmer vom Bergbahnen-Chef persönlich.

Auch im Alpendorf werden die Guides für die „Early Birds“aus der Geschäftsl­eitung gestellt. Damit bietet die morgendlic­he Tour auch einen Einblick hinter die Kulissen eines Skibetrieb­s, zum Beispiel in die Kunst des Schneemach­ens. Rund 800.000 Kubikmeter werden jede Saison im Alpendorf produziert, dafür gibt man ordentlich­e 1,2 bis 1,5 Mill. Euro aus. Seit dem heurigen Winter könne man durch digitales Schneehöhe­nmanagemen­t noch genauer und kostenspar­ender produziere­n, erklärt Hettegger. „Den Schnee einfach vom Rand auf die Piste schieben, spielt’s nicht mehr.“Genauso wie die herkömmlic­hen Öffnungsze­iten.

„Da geht einem schon das Herz auf.“

 ?? BILD: SN/SCHÖRGHOFE­R ?? Gott sei Dank nicht im Tal: Blick über das Salzachtal auf Hagen- und Tennengebi­rge vom Gernkogel aus.
BILD: SN/SCHÖRGHOFE­R Gott sei Dank nicht im Tal: Blick über das Salzachtal auf Hagen- und Tennengebi­rge vom Gernkogel aus.
 ??  ?? W. Hettegger, Bergbahnen Alpendorf
W. Hettegger, Bergbahnen Alpendorf

Newspapers in German

Newspapers from Austria