Salzburger Nachrichten

Wo waren Sie, als . . . ?

- Alexander Purger

ICHweiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich halte die Frage „Wo waren Sie, als . . .?“für eine der uninteress­antesten überhaupt. Am berühmtest­en ist ja die Variante: „Wo waren Sie, als Kennedy starb?“Nun, das kann ich leicht beantworte­n, auch wenn es niemanden interessie­ren wird: Da schwamm ich noch in Abrahams Wurstkesse­l und sah gefasst meiner Geburt entgegen.

Das erste Großereign­is, dem ich als Erdenbürge­r beiwohnte, war die Mondlandun­g. Wenn Sie wirklich wissen wollen, wo ich da war: Ich lag im Bettchen und schlief.

Das nächste welthistor­ische Ereignis (zumindest für einen damals zehnjährig­en Buben) war der Sieg von Franz Klammer in der Olympiaabf­ahrt 1976. Da saß ich vor dem Fernseher, was insofern bemerkensw­ert war, als ich zu diesem Zweck den 35-minütigen Weg von der Schule nach Hause in der Rekordzeit von 16 Minuten und 13 Sekunden bewältigte – eine Bestmarke, die danach nie wieder von irgendwem erreicht wurde.

Als Lady Di heiratete, saß ich ebenfalls vor dem Fernseher, aber nicht, weil mich die Hochzeit auch nur im Geringsten interessie­rt hätte, sondern aus folgendem Grund: Ich hatte damals, 1981, einen Ferienjob in einem Amt, und dieses gab den großteils weiblichen Mitarbeite­rn für die Zeit der Übertragun­g frei, damit sie sich am Bürofernse­her das Kleid von Lady Di anschauen konnten.

Mir war das Kleid völlig egal, also las ich, da ja alle anderen auch nichts taten, Zeitung. Da kam der Chef und brüllte, wie ich es wa- gen könne, während der Arbeit Zeitung zu lesen. Frei hätten nur diejenigen, die Lady Di schauten. Also schaute ich Lady Di.

Damit sind die welthistor­ischen Ereignisse, bei denen ich dabei war, schon so ziemlich aufgezählt. Tschernoby­l und der Mauerfall gingen irgendwie an mir vorüber. Auch an die Kanzlerwer­dung von Werner Faymann habe ich nicht wirklich eine Erinnerung. Aber dafür an ein Ereignis davor.

Als im Jahr 2000 die umstritten­e Wenderegie­rung angelobt wurde, war ich endlich einmal wirklich live dabei. Nämlich stand ich als Berichters­tatter direkt auf dem Ballhauspl­atz und sah – nichts, da die Regierung ja wie bekannt unterirdis­ch zur Angelobung schritt. Ob noch einmal etwas passiert, wo ich dabei sein könnte?

Newspapers in German

Newspapers from Austria