„Das Volk hat seine Macht gezeigt“
Bei der ersten Parlamentswahl im Iran nach der Aufhebung der Sanktionen können die Reformer deutlich zulegen. In Teheran wurden acht Frauen direkt ins Parlament gewählt.
Zumindest in Teheran war es ein Erdrutschsieg: Gleich alle 30 zu vergebenden Mandate hatten Rohanis Reformer bei der ersten Parlamentswahl nach der Aufhebung der Sanktionen in der iranischen Hauptstadt gewonnen. Entsprechend gut gelaunt präsentierte sich Irans Staatspräsident vor den Medien. „Wieder einmal hat das Volk seine Macht gezeigt und der gewählten Regierung Glaubwürdigkeit und Stärke verliehen“, verkündete der liberale Geistliche lächelnd. Wer vom Volke nicht gewünscht wurde, solle jetzt von der politischen Bühne verschwinden, fügte er leicht provozierend hinzu.
Der Seitenhieb richtete sich an jene Politiker und Geistliche, die vor der Wahl versucht hatten, mehr als 3000 Kandidaten von der Parlaments- und Expertenrat-Wahl auszuschließen. Es war ein durchsichtiger Manipulationsversuch, der letztendlich misslang. Nach Rohanis überaus energischer Intervention wurden einige Hundert moderate Bewerber am Ende doch noch zugelassen. Das reichte aus, um die Zweidrittelmehrheit der Hardliner im 290 Sitze umfassenden Teheraner Abgeordnetenhaus, der Majlis, zu brechen. Ganz besonders freute sich Rohani über die acht Frauen aus der iranischen Hauptstadt, die über die „Liste der Hoffnung“direkt ins Parlament gewählt wurden.
Auch im Rest des Landes scheinen die Reformer weitaus besser abgeschnitten zu haben als von den meisten Beobachtern erwartet. 19 Wahlkreise wurden nach Berechnungen der Nachrichtenagentur ISNA von Hardlinern, neun von Rohani-Anhängern und 14 von unab- hängigen Kandidaten, die in der Regel die Politik des Präsidenten unterstützen, gewonnen. Über das Ergebnis in 14 weiteren Wahlkreisen wird in einer Stichwahl im April oder Mai entschieden. Erst dann wird das genaue Kräfteverhältnis im neuen Teheraner Parlament bekannt sein. Schon jetzt lässt sich aber sagen, dass der Ausgang der Wahl ein überraschend deutliches Votum des Vertrauens für Staatspräsident Hassan Rohani ist. Nach dem Sieg seiner Allianz aus Reformern, Zentristen und Unabhängigen wird es künftig leichter werden, die wirtschaftliche Öffnung des Landes voran- zubringen. Der überragende Erfolg vom Freitag dürfte Rohani überdies die Wiederwahl bei der im nächsten Jahr anstehenden Präsidentenwahl garantieren.
„Der Iran bleibt weiterhin in ruhigen Fahrwassern und das ist auch gut so“, kommentierte ein westlicher Diplomat in Teheran den Ausgang der Wahl, die auch bei der Abstimmung zum Expertenrat mit einer faustdicken Überraschung endete. Entgegen allen Prognosen konnten Ex-Präsident Haschemi Rafsandschani und der amtierende Präsident Rohani die meisten Stimmen auf sich vereinigen. Der noch amtierende Präsident des Rates, Ajatollah Mohammed Yazdi, sowie Ajatollah Ali Jannati könnten dagegen ihre Sitze in dem 88-köpfigen Gremium verlieren. Letzterer war als Vorsitzender des Wächterrates auch für die massenhafte Disqualifikation von Kandidaten verantwortlich.
Der Expertenrat wählt laut der iranischen Verfassung den Revolutionsführer und ist auch für dessen „Überwachung“verantwortlich. Wäre der amtierende Revolutionsführer Ali Khamenei nicht schon 76 Jahre alt und angeblich nicht mehr bei allerbester Gesundheit, hätten sich vermutlich nur wenige für die Wahl zum Expertenrat interessiert. Ihm könnte jetzt die Aufgabe zufallen, in seiner achtjährigen Amtszeit den Nachfolger Khameneis zu bestimmen, falls dieser sterben oder aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten sollte.