Welchen Einfluss hat das Aggressionsgen?
DÜSSELDORF. Laut einem aktuellen Bericht der WHO verlieren weltweit mehr als eine Million Menschen ihr Leben als Folge von Aggression und Gewalt. Deshalb versuchen Forscher seit Jahren, Menschen mit hoher Gewaltbereitschaft frühzeitig zu identifizieren.
Bereits bekannt ist der Zusammenhang zwischen hohem Aggressionspotenzial und einer Variante des sogenannten MAOAGens. Besonders im Zusammenspiel mit Umweltfaktoren, etwa traumatische Erfahrungen in der frühen Kindheit, kann sich das aggressive Verhalten äußern. Der deutsche Neurophysiologe Benjamin Clemens von der Universitätsklinik Aachen zeigt nun erstmals, welchen Einfluss das MAOA-Gen auf das Gehirn im Ruhemodus hat. Ein wichtiges Gen im Zusammenhang mit Aggression ist das Monoaminooxidase-A-Gen ( MAOA-Gen), genauer gesagt die weniger aktive Variante davon. Diese Erkenntnis hatte sogar schon strafrechtliche Bedeutung: 2009 erhielt ein verurteilter Mörder eine re- duzierte Haftstrafe, weil die weniger aktive MAOA-Variante bei ihm nachgewiesen wurde. Liegt diese Variante des MAOA-Gens vor, führt das zu einem Überschuss der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin im Gehirn. Dieser Überschuss kann Aggressionen begünstigen. „Diese Genvariante allein macht nicht zwangsweise aggressiv“, sagt Clemens. Das sei insofern beruhigend, als diese MAOA-Variante bei zirka 40 Prozent aller westeuropäischen Menschen vorkomme. „Umweltfaktoren wie etwa eine Traumatisierung, Frustration oder Provokation können aber mit dieser genetischen Veranlagung interagieren und so die Wahrscheinlichkeit von aggressivem Verhalten stark erhöhen“, sagt der Forscher.
In seiner Studie untersuchte Clemens mehr als 50 friedfertige Studenten mit einer Magnetresonanztomographie. Da zeigte sich bei den Probanden mit der inaktiveren MAOA-Genvariante – diese betraf etwa die Hälfte der Probanden – eine ebenfalls geringere Aktivität in Arealen, die für kognitive Kontrolle, für Aufmerksamkeit und Steuerungsfunktionen, Planen, Denken, und Problemlösen verantwortlich sind.