Welche Rechte und Ansprüche haben Opfer von Verbrechen?
Phishing-E-Mails, Lösegeld-Trojaner, Erpressungen mit Sexvideos: Jeder kann Opfer von Kriminalität werden. Wie man sich nach der Tat richtig verhält, wissen indes nur wenige.
Der Umgang mit Opfern und Angehörigen gehört zu den heikelsten und diffizilsten Aufgaben von Richtern. Oft herrscht große Verwirrung: Warum wurde das Ermittlungsverfahren gegen den Täter eingestellt? Wie stelle ich einen Fortsetzungsantrag? Was ist ein Privatbeteiligtenanschluss? Die SN listen auf, was man über den Opferschutz wissen sollte.
1.
Zunächst sollte möglichst rasch Anzeige bei der Polizei erstattet werden, denn kurz nach der Tat ist die Erinnerung besonders frisch. Wer will, kann einen Anwalt hinzuziehen, der eine schriftliche Sachverhaltsdarstellung an die Polizei oder an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Gerade bei komplexeren Angelegenheiten empfiehlt es sich, einen Rechtsbeistand zu konsultieren. Verletzungen sollten sofort von einem Arzt dokumentiert werden, es handelt sich dabei um einen wichtigen Beweis für den Zuspruch von Schmerzensgeld.
2.
Im Ermittlungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft unter bestimmten Umständen von der Verfolgung einer Straftat abzusehen und das Verfahren einzustellen, etwa weil sich ein Anfangsverdacht nicht konkretisiert hat und mit einer gerichtlichen Verurteilung nicht gerechnet werden kann. Von der Einstellung des Verfahrens ist auch das Opfer zu verständigen und darüber zu informieren, dass es einen An- trag auf Fortführung stellen oder eine Begründung verlangen kann, weshalb das Strafverfahren gegen den Verdächtigen eingestellt wurde.
3.
Bei den meisten Delikten im Strafrecht handelt es sich um Offizialdelikte, also um strafbare Handlungen, die der Staatsanwalt von Amts wegen verfolgen muss. Ein Opfer, das am Körper verletzt oder im Vermögen geschädigt wurde, kann sich dem Strafverfahren gegen den Täter als Privatbeteiligter anschließen, um auf diese Weise privatrechtliche Ansprüche, insbesondere Schadenersatz und Schmerzensgeld, geltend zu machen. Zu beachten ist, dass die Ansprüche hinreichend konkretisiert, beziffert und auch nachgewiesen werden müssen.
Wird der Täter verurteilt, muss er auch die Kosten für die anwaltliche Vertretung ersetzen. Der Vorteil eines Privatbeteiligtenanschlusses besteht darin, dass sich Opfer oftmals ein teures Zivilverfahren ersparen. Selbst im Falle eines Freispruchs trägt der Staat die Kosten des Verfahrens.
4.
Sofern die Ansprüche im Strafverfahren nicht oder nicht zur Gänze zugesprochen werden, ist eine zivilrechtliche Klage notwendig. Im Rahmen eines Zivilverfahrens können unterschiedliche Arten von Schäden eingeklagt werden, etwa Schmerzensgeld für körperliche oder psychische Beeinträchtigungen oder Schadenersatz für entwendete oder beschädigte Sachen.
5.
Grundsätzlich werden Opfer in Strafprozessen in Anwesenheit des Täters befragt. In bestimmten Fällen kann der Richter den Angeklagten auch während der Vernehmung eines Zeugen aus dem Saal weisen. Allerdings muss er den Beschuldigten anschließend über die Zeugenangaben informieren. Im Falle von Sexualdelikten kann eine kontradiktorische Vernehmung durchgeführt werden, im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung. Bei Opfern unter 14 Jahren ist das zwingend. Bei einer kontradiktorischen Vernehmung treffen Opfer und Beschuldigter nicht direkt aufeinander, der Zeuge wird in einem Nebenraum einvernommen.
Wie soll ich mich als Opfer einer Straftat verhalten? Was bedeutet die Einstellung des Verfahrens? Wann kommt es zu einem Privatbeteiligtenanschluss? Wann ist eine zivilrechtliche Klage erforderlich?
6.
Werde ich im Strafverfahren mit dem Täter konfrontiert? Welche Rechte habe ich als Opfer?
Wer Opfer eines Verbrechens geworden ist, hat nach der Strafprozessordnung unter anderem ein Recht auf Vertretung, Akteneinsicht, Information, Verständigung über den Fortgang des Strafverfahrens, Übersetzungshilfe, aktive Beteiligung am Ermittlungsverfahren sowie auf Teilnahme an Befundaufnahmen, an kontradiktorischen Vernehmungen und Tatrekonstruktionen. Darüber hinaus können Opfer Fortführungsanträge stellen, wenn die Ermittlungen eingestellt wurden, sie dürfen bei der Hauptverhandlung anwesend sein und sämtliche Beteiligte befragen. Privatbeteiligte haben zudem ein Beweisantragsrecht und ein Recht auf Erhebung eines Rechtsmittels. Zudem können sie die Anklage aufrechterhalten, wenn die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung zurücktritt.