Leihmutter streitet um Babys
Der Weg zum Traumkind führt in den USA nicht selten über Fertilitätszentren und dann über Leihmütter. Ein bizarrer Rechtsstreit in Kalifornien zeigt jetzt Grenzen dieses Markts.
Melissa Cook (47) hat gerade Drillinge zur Welt gebracht. Was mit ihnen passieren wird, ist offen. Die Buben kamen etwas zu früh zur Welt. Aber Cook hat die Babys als Leihmutter ausgetragen. Zwischen ihr und ihrem Vertragspartner, einem Postangestellten (50) aus Georgia, ist ein komplizierter Rechtsstreit entbrannt: Der Vater verlangte die Abtreibung eines Babys, die Leihmutter weigerte sich.
In Sachen Reproduktionsmedizin und Leihmutterschaft gibt es in den USA noch offene Fragen. Kann man eine Leihmutter zur Abtreibung eines Kindes zwingen? Sollten Hochrisikoschwangerschaften mit Mehrlingen bewusst herbeigeführt werden? Und wer trägt die – finanzielle – Verantwortung, wenn alles nicht so läuft wie geplant?
Anders als in Österreich und den meisten Ländern Europas ist in den USA Leihmutterschaft möglich: Nur vier Bundesstaaten und Washington D. C. verbieten es, in acht – darunter Kalifornien – ist es relativ freizügig erlaubt, alle anderen gestatten kommerzielle Leihmutterschaft unter bestimmten Auflagen oder haben gar keine Gesetze, die dies regeln.
Auch Melissa Cook, selbst vierfache Mutter, ist eine solche Leihmutter. Bereits zum zweiten Mal entschied sie sich 2015 zu dem Schritt. Aus Menschenliebe und weil sie Geld braucht, wie ihr Anwalt Harold Cassidy sagt. Trotz ihres Alters fand Cook eine Agentur, die sie an den alleinstehenden 50-Jährigen vermittelte. Der wünschte sich sehnlichst männlichen Nachwuchs, spendete Samen, bezahlte eine Eizellenspenderin und schloss mit Cook einen Vertrag: 33.000 US-Dollar soll sie für die erfolgreiche Schwanger- schaft und Entbindung eines Kindes bekommen, plus 6000, falls es mehrere Kinder sein sollten.
Tatsächlich entwickelten sich drei Babys. Dem werdenden Vater ist das zu viel. Er sorgt sich laut Anwalt Robert Walmsley nicht nur wegen des höheren Risikos für seine Kinder, das durch eine Drillingsschwangerschaft entsteht. Auch das Geld wird knapp, sein Erspartes schmilzt durch höhere Arztkosten dahin. Leihmutter Cook musste bald wegen Schwangerschaftsdiabetes kürzertreten und erfuhr, dass ihre Krankenkasse die Ausgaben für Komplikationen einer Leihmutter-Schwangerschaft gar nicht abdeckte.
Der Vater fordert Cook auf, eines der drei Babys abzutreiben – zu „reduzieren“, wie die in der Reproduktionsmedizin nicht unübliche Praxis genannt wird. Sie weigert sich. „Alle Babys sind gesund und ich bin für das Leben“, sagt Cook der „Washington Post“. Sie macht das Angebot, das „überzählige“Baby nach der Entbindung selbst großzuzie- hen. Aber das lehnt der Vater ab – wie auch eine Freigabe zur Adoption. Stattdessen entscheidet er sich doch, alle drei Kinder aufzuziehen – nun will Cook nicht mehr.
Sie setzte auf den Anwalt Cassidy, einen konservativen Abtreibungs- und auch Adoptionsgegner. Er soll für sie vor dem Supreme Court in Los Angeles erstreiten, dass Cook die legale Mutter der Drillinge ist – zwar nicht biologisch, aber allein durch die Tatsache, dass sie mit ihnen schwanger ist. Die Mutter-Kind-Beziehung sei eine besondere, die Frau sei keinesfalls nur ein „brütendes Tier“, betont Cassidy. Die Aussichten auf Erfolg der Klage sind allerdings gering.
Der Streit um das Schicksal von Leihmutter-Babys wirft für viele ein Schlaglicht auf rechtliche Grauzonen, mangelnden finanziellen Schutz für Leihmütter und fehlende Überprüfungen bei den Auftraggebern. Der Medizinethiker Art Caplan (New York University) hält es für sinnvoll, Auftraggeber einer Leihmutterschaft ähnlich zu checken wie Adoptionsbewerber. Er könne sich auch Situationen vorstellen, in denen ein Kind besser bei der Leihmutter aufgehoben sei.
Vater-Anwalt Walmsley lehnt dies ab – das lade zu viel Verantwortung auf die Leihmütter: „Ich will nicht, dass Eltern in spe diese Kinder erst entstehen lassen und dann sagen können: ,Wir haben es uns anders überlegt.‘“