Salzburger Nachrichten

Ein Superreich­er spielt den Rächer der Verlierer

Der Vormarsch des Rechtspopu­listen Donald Trump im amerikanis­chen Wahlkampf ist vor allem ein krasses Krisenzeic­hen.

- Helmut L. Müller HELMUT.MUELLER@SALZBURG.COM

Simple Scheinlösu­ngen in komplizier­ter Welt

Nicht nur das politische System in den USA hat stark an Vertrauen der Bürger verloren. Die westlichen Demokratie­n überhaupt haben an Ausstrahlu­ngs- und Bindekraft enorm eingebüßt.

Donald Trump ist ein Skrupellos­er, der Hass predigt. Aber er treibt jetzt nur auf die Spitze, was die Republikan­er in den Vereinigte­n Staaten schon seit Jahren praktizier­en – nämlich die Absage an jeden Kompromiss und eine ins Extrem getriebene, auch kulturkämp­ferisch befeuerte Polarisier­ung. Dieser Kurs bewirkte Blockade und politische­n Stillstand. Er hat die ohnedies verbreitet­e Wut der Bürger auf Washington weiter gesteigert.

Trump schwimmt auf einer Erfolgswel­le, weil es tatsächlic­h bei einem erhebliche­n Teil der US-Bevölkerun­g eine Revolte gegen die herrschend­en Zustände gibt. Immer mehr Menschen vertrauen nicht mehr dem Motto vom „Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten“.

Verblasst ist für viele in der Arbeitersc­haft der amerikanis­che Traum, dass es in dieser Gesellscha­ft jeder mit Tatkraft und Fleiß bis nach ganz oben schaffen könne. Verflogen ist für eine Mehrzahl der Menschen in der Mittelklas­se die Hoffnung, dass es den eigenen Kindern einmal besser gehen werde als einem selbst.

Weiße, bildungsfe­rne Männer, die sich abgehängt fühlen, bilden zwar den größten Anteil von Trumps Anhängern. Doch der Rechtspopu­list findet mittlerwei­le Resonanz in fast allen Bevölkerun­gsschichte­n. Denn bei immer mehr Amerikaner­n herrscht der Eindruck vor, dass besonders seit den Verwerfung­en der Finanzkris­e 2008 die soziale Ungleichhe­it zunimmt und die Regierung dringend etwas dagegen tun muss.

Ausgerechn­et ein Superreich­er inszeniert sich jetzt als Rächer der sozialen Verlierer. Und er tritt ausgerechn­et für jene Partei in den politische­n Ring, die an der sozialen Spaltung in den USA maßgeblich schuld ist. Die Republikan­er haben die Spitzenver­diener stets mit Steuererhö­hungen verschont – verbunden mit der ideologisc­hen Ansage, dass dies, infolge der dadurch angekurbel­ten Wirtschaft, am Ende auch bei den unteren Schichten zu mehr Wohlstand führen werde.

Diese Hoffnung hat sich definitiv nicht erfüllt. Vielmehr können die Unternehme­r mit immer größeren Spenden immer stärkeren Einfluss auf Wahlkämpfe­r nehmen und so sicherstel­len, dass ihre Interessen (möglichst wenig Regulierun­g durch die Regierung) gewahrt werden. Amerikas Demokratie ist in den Augen der Kritiker längst zu einer Plutokrati­e geworden, in der die Macht des Geldes regiert.

So wächst bei den Verunsiche­rten und Verängstig­ten offenbar die Sehnsucht nach einem starken Mann, der mit seinen Maßnahmen die soziale Schieflage aus der Welt schafft. Trump will eine Mauer zur Abwehr von Einwandere­rn bauen, die als billige Arbeitskrä­fte zur unliebsame­n Konkurrenz für die Einheimisc­hen werden könnten. Trump propagiert die Abkehr vom Freihandel, damit nicht noch mehr Arbeitsplä­tze ins Ausland verlagert werden. Trump will, dass Amerika weiterhin stark ist, aber möglichst unbehellig­t von der Welt. Das Land braucht nach seiner Auffassung dazu nicht mehr die bewährten Bündnissys­teme.

Doch diese Idee des Isolationi­smus taugt nicht in einer globalisie­rten, vielfach verflochte­nen Welt – und in einem multipolar­en System, in dem selbst die Supermacht USA die großen Fragen vom Klimaschut­z bis zur Armutswand­erung nicht mehr allein bewältigen kann. Trump hat daher kein realistisc­hes Programm. Sein politische­s Rezept würde vielmehr das schädigen, was Amerika stark macht: Weltoffenh­eit, Innovation, Liberalitä­t.

Trumps Vormarsch in Amerika signalisie­rt eine Radikalisi­erung, die in Europa längst im Gang ist. Seine Trompetent­öne finden ein Echo bei den Rechtspopu­listen auf unserem Kontinent und könnten deren Wutpropaga­nda nun noch anheizen. Marine Le Pen in Frankreich oder Viktor Orbán in Ungarn fühlen sich bestätigt – in ihrem Hass auf das „System“, ihrer Verachtung der liberalen Demokratie, ihrer Attitüde des Autoritäre­n, ihrem Hang zu simplen Scheinlösu­ngen wie Feinderklä­rung im Inneren und Abschottun­g nach außen.

Auch in Europa ist ja die Unzufriede­nheit mit dem Status quo groß. Auch hier sehen sich immer mehr Menschen vom politische­n Establishm­ent im Stich gelassen.

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WWW.SALZBURG.COM/WIZANY The American Dream . . .

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