Tausende lassen Geld beim Fiskus liegen
Wer unter 1205 Euro brutto im Monat verdient, kann im Jahr bis zu 450 Euro als Negativsteuer lukrieren. Viele verzichten auf Geld.
Gerade Kleinverdiener können sich heuer mehr Geld vom Staat zurückholen, vorausgesetzt, sie führen eine Arbeitnehmerveranlagung (Steuerausgleich) durch. Grund ist, dass die Regierung im Rahmen der Steuerreform eine Erhöhung der sogenannten Negativsteuer – oder wie sie künftig heißen soll: Sozialversicherungsrückerstattung – beschlossen hat.
Was dahintersteckt, ist einfach: Wer in Österreich so wenig verdient (unter 1205 Euro brutto im Monat), dass er keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen muss, soll dennoch von der Finanz Geld zurückbekommen. Bisher sind diese Kleinverdiener von Steuererleichterungen wie dem Pendlerpauschale ausgeschlossen, weil diese dem Arbeitnehmer entstehenden Kosten nur von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden und somit die Steuerlast reduzieren. Wer keine Steuer zahlt, geht leer aus. Doch die Betroffenen müssen sehr wohl Sozialversicherungsbeiträge leisten. Von der Regierung wurde die Rückerstattung der Sozialversicherung bereits heuer (für die Arbeitnehmerveranlagung 2015) von bisher 110 auf bis zu 220 Euro angehoben. Ab dem kommenden Jahr können bis zu 400 Euro lukriert werden, erklärt Peter Lederer, Steuerexperte der Salzburger Arbeiterkammer.
Wer darüber hinaus zumindest einmal im Jahr theoretisch Anspruch auf Pendlerpauschale gehabt hätte, kann schon heuer bis zu 450 Euro herausbekommen, ab dem nächsten Jahr bis zu 500 Euro, je nachdem wie viel Sozialversiche- rungsbeiträge geleistet wurden. „Gerade für Niedrigverdiener kann das fast einen halben Monatslohn ausmachen“, betont Lederer.
Neu ist zudem, dass heuer auch Pensionisten, die unter die Steuerfreigrenze fallen (unter 1067 Euro Bruttopension im Monat), Negativsteuer beantragen können, und zwar heuer bis zu 55 Euro, ab dem kommenden Jahr bis zu 110 Euro. Leer gehen allerdings jene Mindestpensionisten aus, die vom Staat eine Ausgleichszulage beziehen, weil ihre Pension so niedrig ist. Von der Neuregelung betroffen sind viele. Mehr als 2,5 Millionen Österreicher zahlen wegen ihres geringen Einkommens keine Steuern. Das Finanzministerium rechnet für heuer durch die Sozialversicherungsrückerstattung mit Mehrkosten von 120 Mill. Euro für Arbeitnehmer, für Pensionisten schätzt man diese Summe auf 35 Mill. Euro, sagt Johannes Pasquali, Sprecher des Finanzministeriums. Im kommenden Jahr dürften sich dann beide Summen in etwa verdoppeln.
Lukrieren kann das Geld freilich nur, wer eine Arbeitnehmerveranlagung durchführt, warnt Lederer. Pro Jahr machen etwa 3,4 Millionen Österreicher diesen Steuerausgleich und bekommen dabei im Schnitt 565 Euro zurück, sagt Pasquali. 2,3 Millionen Österreicher aber machen keine Arbeitnehmerveranlagung – und verzichten damit hochgerechnet auf Milliardenbeträge. „Seriös kann man diese Zahl nicht berechnen, weil etwaige Abschreibposten nicht bekannt sind“, schränkt Pasquali ein.
Mancher führt eine Arbeitnehmerveranlagung nicht durch, weil er fürchtet, am Ende vielleicht gar Steuern nachzahlen zu müssen.
„Nachforderungen sind nicht möglich“, sagt Steuerberater Christoph Mayrl, wenn bei der Vorberechnung eine Nachzahlung herauskomme, müsse man den Antrag letztlich nicht einreichen. Anders sei das nur, wenn man zu einer Arbeitnehmerveranlagung verpflichtet sei, weil man etwa bei zwei Dienstgebern gleichzeitig beschäftigt sei, erklärt Mayrl. Dann werde man von der Finanz ohnehin aufgefordert, eine Arbeitnehmerveranlagung zu machen.
Von der Steuer absetzen könne so gut wie jeder etwas, betont Experte Mayrl, ob Kinderbetreuungskosten, Kirchensteuer, Spenden, Sonderausgaben für Versicherungen oder die Beschaffung von Wohnraum. Diese Sonderausgaben allerdings werden abgeschafft. Schon jetzt können nur noch „Altverträge“eingereicht werden, die bis 31. 12. 2015 abgeschlossen wurden. Bis 2020 sollen die Sonderausgaben ganz wegfallen.
Ab dem kommenden Jahr ist eine automatische Arbeitnehmerveranlagung geplant. Wer keine Sonderposten anführen will, müsste dann keinen Antrag mehr einreichen. Details sind aber noch nicht bekannt.