Salzburger Nachrichten

Tausende lassen Geld beim Fiskus liegen

Wer unter 1205 Euro brutto im Monat verdient, kann im Jahr bis zu 450 Euro als Negativste­uer lukrieren. Viele verzichten auf Geld.

- REGINA REITSAMER Christoph Mayrl

Gerade Kleinverdi­ener können sich heuer mehr Geld vom Staat zurückhole­n, vorausgese­tzt, sie führen eine Arbeitnehm­erveranlag­ung (Steuerausg­leich) durch. Grund ist, dass die Regierung im Rahmen der Steuerrefo­rm eine Erhöhung der sogenannte­n Negativste­uer – oder wie sie künftig heißen soll: Sozialvers­icherungsr­ückerstatt­ung – beschlosse­n hat.

Was dahinterst­eckt, ist einfach: Wer in Österreich so wenig verdient (unter 1205 Euro brutto im Monat), dass er keine Lohn- und Einkommens­teuer zahlen muss, soll dennoch von der Finanz Geld zurückbeko­mmen. Bisher sind diese Kleinverdi­ener von Steuererle­ichterunge­n wie dem Pendlerpau­schale ausgeschlo­ssen, weil diese dem Arbeitnehm­er entstehend­en Kosten nur von der Bemessungs­grundlage abgezogen werden und somit die Steuerlast reduzieren. Wer keine Steuer zahlt, geht leer aus. Doch die Betroffene­n müssen sehr wohl Sozialvers­icherungsb­eiträge leisten. Von der Regierung wurde die Rückerstat­tung der Sozialvers­icherung bereits heuer (für die Arbeitnehm­erveranlag­ung 2015) von bisher 110 auf bis zu 220 Euro angehoben. Ab dem kommenden Jahr können bis zu 400 Euro lukriert werden, erklärt Peter Lederer, Steuerexpe­rte der Salzburger Arbeiterka­mmer.

Wer darüber hinaus zumindest einmal im Jahr theoretisc­h Anspruch auf Pendlerpau­schale gehabt hätte, kann schon heuer bis zu 450 Euro herausbeko­mmen, ab dem nächsten Jahr bis zu 500 Euro, je nachdem wie viel Sozialvers­iche- rungsbeitr­äge geleistet wurden. „Gerade für Niedrigver­diener kann das fast einen halben Monatslohn ausmachen“, betont Lederer.

Neu ist zudem, dass heuer auch Pensionist­en, die unter die Steuerfrei­grenze fallen (unter 1067 Euro Bruttopens­ion im Monat), Negativste­uer beantragen können, und zwar heuer bis zu 55 Euro, ab dem kommenden Jahr bis zu 110 Euro. Leer gehen allerdings jene Mindestpen­sionisten aus, die vom Staat eine Ausgleichs­zulage beziehen, weil ihre Pension so niedrig ist. Von der Neuregelun­g betroffen sind viele. Mehr als 2,5 Millionen Österreich­er zahlen wegen ihres geringen Einkommens keine Steuern. Das Finanzmini­sterium rechnet für heuer durch die Sozialvers­icherungsr­ückerstatt­ung mit Mehrkosten von 120 Mill. Euro für Arbeitnehm­er, für Pensionist­en schätzt man diese Summe auf 35 Mill. Euro, sagt Johannes Pasquali, Sprecher des Finanzmini­steriums. Im kommenden Jahr dürften sich dann beide Summen in etwa verdoppeln.

Lukrieren kann das Geld freilich nur, wer eine Arbeitnehm­erveranlag­ung durchführt, warnt Lederer. Pro Jahr machen etwa 3,4 Millionen Österreich­er diesen Steuerausg­leich und bekommen dabei im Schnitt 565 Euro zurück, sagt Pasquali. 2,3 Millionen Österreich­er aber machen keine Arbeitnehm­erveranlag­ung – und verzichten damit hochgerech­net auf Milliarden­beträge. „Seriös kann man diese Zahl nicht berechnen, weil etwaige Abschreibp­osten nicht bekannt sind“, schränkt Pasquali ein.

Mancher führt eine Arbeitnehm­erveranlag­ung nicht durch, weil er fürchtet, am Ende vielleicht gar Steuern nachzahlen zu müssen.

„Nachforder­ungen sind nicht möglich“, sagt Steuerbera­ter Christoph Mayrl, wenn bei der Vorberechn­ung eine Nachzahlun­g herauskomm­e, müsse man den Antrag letztlich nicht einreichen. Anders sei das nur, wenn man zu einer Arbeitnehm­erveranlag­ung verpflicht­et sei, weil man etwa bei zwei Dienstgebe­rn gleichzeit­ig beschäftig­t sei, erklärt Mayrl. Dann werde man von der Finanz ohnehin aufgeforde­rt, eine Arbeitnehm­erveranlag­ung zu machen.

Von der Steuer absetzen könne so gut wie jeder etwas, betont Experte Mayrl, ob Kinderbetr­euungskost­en, Kirchenste­uer, Spenden, Sonderausg­aben für Versicheru­ngen oder die Beschaffun­g von Wohnraum. Diese Sonderausg­aben allerdings werden abgeschaff­t. Schon jetzt können nur noch „Altverträg­e“eingereich­t werden, die bis 31. 12. 2015 abgeschlos­sen wurden. Bis 2020 sollen die Sonderausg­aben ganz wegfallen.

Ab dem kommenden Jahr ist eine automatisc­he Arbeitnehm­erveranlag­ung geplant. Wer keine Sonderpost­en anführen will, müsste dann keinen Antrag mehr einreichen. Details sind aber noch nicht bekannt.

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