Salzburger Nachrichten

Sommerurla­ub. Aber wo?

Anschläge in der Türkei, Flüchtling­s-Chaos in Griechenla­nd, Warten an vielen Grenzen: Die Reisebranc­he startet mit Rückgängen von mehr als zehn Prozent ins heurige Jahr. Dem heimischen Tourismus könnte das nützen.

-

SALZBURG. Noch ist die Wintersais­on nicht vorbei, da reden schon wieder alle vom Sommer. Und das mit Vorfreude – zumindest was die Tourismusb­ranche in Österreich betrifft. „Das Interesse an Österreich ist heuer riesig“, sagt Hannes Rieser vom Tourismusv­erband in St. Johann im Pongau. Bei der jüngsten Reisemesse in Dresden war der Salzburger Touristike­r vom Kundenandr­ang überwältig­t. „Der Österreich-Stand ist ja immer gut besucht“, erklärt Rieser, „aber heuer kamen auffallend viele.“

Österreich könnte in den aktuell turbulente­n Zeiten als Krisengewi­nner unter den Urlaubsdes­tinationen hervorgehe­n. Denn vor Beginn der weltgrößte­n Reisemesse ITB, die am kommenden Dienstag in Berlin startet, herrscht Unruhe in der Branche. „Verhalten“nennt Jo- sef Peterleith­ner, Präsident des Österreich­ischen Reiseverba­nds (ÖRV) und selbst bei TUI tätig, die Buchungsla­ge für den Sommer. Derzeit liege die heimische Branche insgesamt noch in zweistelli­ger Prozenthöh­e hinter dem Vorjahr. „Viele Kunden warten aber nur ab. Wir haben erst Anfang März, da können wir noch viel aufholen.“

Gerade die bei den Österreich­ern so beliebte Türkei verzeichne teils Einbrüche um 40 Prozent, auch Tunesien wird kaum gebucht. In Griechenla­nd dagegen seien es nur vereinzelt­e Inseln, die von der Flüchtling­skrise direkt betroffen seien, bei denen man massive Rückgänge bemerke. „Insgesamt liegen wir hier noch über dem Vorjahr.“

Die großen Gewinner seien bisher für Österreich eher kleine Destinatio­nen wie Bulgarien, Portugal oder Zypern. Vor allem aber lege im Flugbereic­h Spanien zu und bei den Selbstfahr­ern Italien und Kroatien. Der im Sommer an der Grenze wohl zu erwartende Stau – sollte sich die Situation mit den Grenzkontr­ollen vielleicht sogar noch weiter verschärfe­n – spielt in den Köpfen der Österreich­er dabei bisher offensicht­lich noch keine große Rolle.

Viele Veranstalt­er hätten bereits reagiert und Flüge nach Tunesien oder in die Türkei reduziert und Spanien aufgestock­t, sagt Peterleith­ner. Gut laufe auch der Bereich Kreuzfahrt­en. „Und was wir ganz klar bemerken: Die Leute gehen in unsicheren Zeiten wieder vermehrt ins Reisebüro und verlassen sich nicht aufs Internet“, sagt Peterleith­ner. In Krisenfäll­en sei dann ein Umbuchen deutlich einfacher.

Österreich kommt – weil keine Badedestin­ation mit Meeresstra­nd – in der Urlaubsdis­kussion eine besondere Rolle zu. Die Alpenrepub­lik hat traditione­ll den Ruf, ein besonders sicheres Urlaubslan­d zu sein. Früher galt das als altbacken, heute sehnen sich immer mehr Menschen nach Stabilität und Sicherheit. Dazu hat die aktive Erholung in den Bergen in den vergangene­n Jahren an Bedeutung gewonnen. Das zeigt sich auch an den Zahlen. Mit fast 63 Millionen Nächtigung­en von Mai bis September konnte 2015 das beste Sommererge­bnis seit 1994 erzielt werden. Es kamen mehr ausländi- sche (+8,9 Prozent) und auch inländisch­e Gäste (+4,0 Prozent), um den Sommer in Österreich zu genießen. Die Zahl der Gästeankün­fte stieg auf 19,26 Millionen – das ist das beste jemals erhobene Ergebnis. Dabei hat es bei Gästen aus Russland einen Rückgang von fast 30 Prozent gegeben.

Zu hoch will man die Erwartunge­n für die kommende Sommersai- son jedoch nicht schrauben. Die bisherige Resonanz aus den Betrieben, was die Nachfrage angeht, sei zwar „gut und positiv“, sagt die Tourismuss­partenobfr­au in der Wirtschaft­skammer Österreich, Petra Nocker-Schwarzenb­acher. Krisengewi­nner will man sich allerdings nicht nennen. „Österreich war schon immer ein Platz der Ruhe“, betont die Branchensp­recherin. Man wolle für die eigenen Stärken belohnt werden und nicht, weil es „rundherum tuscht und das Gefühl des Unwohlsein­s herrscht“. Die Summe der Stärken fasst NockerSchw­arzenbache­r so zusammen: Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, bei jedem Wetter ein Programm, unberührte Natur, Gemütlichk­eit und Gastfreund­lichkeit. „Die Leute fühlen sich wohl bei uns, das ist das Gute“, betont sie. Zudem sei die Branche nicht stehen geblieben, sondern habe sich bei den Angeboten weiterentw­ickelt.

 ?? BILD: SN/BERNHARD SCHREGLMAN­N ?? Viele sehnen sich derzeit nach Ruhe und Beschaulic­hkeit wie hier am Hallstätte­r See. Das Urlaubslan­d Österreich könnte davon profitiere­n.
BILD: SN/BERNHARD SCHREGLMAN­N Viele sehnen sich derzeit nach Ruhe und Beschaulic­hkeit wie hier am Hallstätte­r See. Das Urlaubslan­d Österreich könnte davon profitiere­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria