Sie säen Angst und Schrecken und ernten Wählerstimmen
Der Erfolg von Rechtspopulisten ist selbstgemacht: Ihre Propaganda erzeugt erst jene Ängste, die ihnen Bürger in die Arme treiben.
Bei Kommunalwahlen im deutschen Bundesland Hessen erreichte die Partei, die sich als Alternative für Deutschland darstellt und in Wahrheit nichts anderes ist als eine „Ausländer-raus-Partei“, 13 Prozent. In der Slowakei führte Regierungschef Robert Fico einen Wahlkampf, in dem jedes zweite Wort „Ausländer“oder „Migrant“oder „Islam“war – und rettete seiner Partei die Position an der Spitze. Freilich führte Fico einen Antiflüchtlingswahlkampf, obwohl es in der Slowakei kaum Flüchtlinge gibt. Die Pegida in Deutschland tritt gegen eine „Islamisierung des Abendlandes“auf, die es schon wegen der Zahlenverhältnisse im „Abendland“gar nicht geben kann.
Dieses Abendland hat mehr als 500 Millionen Einwohner. Davon sind knapp drei Prozent muslimischen Glaubens. Selbst wenn durch die Flucht vor dem Krieg in Syrien, vor dem Terror in Afghanistan und dem Irak, vor Elend und Armut in Nordafrika noch weitere Moslems nach Europa kommen, wird es eine Islamisierung nicht geben können. Wenn schon jemand Sorge um das christliche Abendland hat, müsste er sich vor der Ausbreitung von Atheismus weit mehr fürchten, denn die Religionsgemeinschaften verlieren auf unserem Kontinent permanent an Einfluss. Das gilt übrigens auch für die islamische Welt. Auch dort, wo der Abfall vom Glauben mit Gefängnis oder gar dem Tod bestraft werden kann, erklären immer mehr Menschen, dass sie nicht mehr gar so strikt dem Koran folgen.
Die Marktschreier der Pegida unter der Führung des mehrfach verurteilten Diebs, Einbrechers, Drogenhändlers und Schlägers Lutz Bachmann reden Gefahren herbei, die es nicht gibt, und versetzen damit Menschen in Angst und Schrecken.
Das Konzept funktioniert auch in den USA. Dort sind viele Menschen von der herkömmlichen Politik enttäuscht. Diese Enttäuschung rührt unter anderem daher, dass wirtschaftlicher Fortschritt nicht wie von den Republikanern vorhergesagt von oben nach unten durchsickert; dass der republikanisch dominierte Kongress zwar Steuererleichterungen für die Reichen durchsetzte, aber nicht für das untere Drittel der Einkommensbezieher; dass die Republikaner jede Maßnahme zu blockieren versuchten, die den kleinen Leuten helfen könnte; dass die politische Klasse der USA den Eindruck vermittelt, sie sei eine Clique von Milliardären, denen das normale Volk völlig gleichgültig ist. Und wem rennen die Leute dann nach? Einem völlig abgehobenen Milliardär, der sein Millionenerbe zu einem Milliardenvermögen ausgebaut hat, der mit Sicherheit nicht die Nöte der „kleinen Leute“kennt und lediglich große Sprüche über die Größe Amerikas klopft.
All das könnte man als eine politische Verirrung in bewegten Zeiten abtun, wäre da nicht eine bedenkliche Entwicklung zu beobachten: Rundum schießen Politikertypen ins Kraut, die zwar durch demokratische oder quasidemokratische Wahlen an die Macht gekommen sind, die aber ganz offen zugeben, dass sie die liberale Form von Demokratie, die wir derzeit genießen, verachten. Putin in Russland und Erdoğan in der Türkei sind auf dem besten Weg, sich in ihren Machtpositionen einzuzementieren – auf Kosten der Demokratie. Orbán in Ungarn und Kaczyński in Polen arbeiten heftig daran, ihre Verfassungen so umzumodeln, dass die politische Konkurrenz in Zukunft chancenlos bleibt.
Auch bei uns träumt die FPÖ von einer Verschmelzung der Ämter von Bundespräsident und Bundeskanzler – auf dass der Herr Strache sich dann als Anführer im Taschenformat gerieren kann. Diese neue Klasse von Politikern tut so, als nähmen sie allein die Anliegen, Sorgen und Ängste der Menschen ernst, auch wenn sie die Sorgen und Ängste gerade erst selbst erfunden oder wenigstens ordentlich aufgebauscht haben. Sie machen Politik mit der Angst, weil ihnen das erspart, tatsächlich vernünftige Konzepte für die drängenden Probleme dieses Kontinents zu entwerfen.
Hinter ihrer Propaganda steckt die Absicht, sich mit starker Hand nach oben zu arbeiten, um dann die eroberte Macht möglichst nie wieder abzugeben. Die Lehren aus der bisherigen Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen sollten uns ebenso Warnung sein wie die Entwicklung, die wir in etlichen europäischen Ländern beobachten müssen.
Die liberale Demokratie muss sich gegen die neue Klasse von Politikern stellen, wollen wir nicht in autoritäre Systeme abrutschen.