Salzburger Nachrichten

Türke bezog neun Jahre zu Unrecht Sozialhilf­e

- SALZBURG. Philipp Grosser, Vors. Richter

Sozialbetr­ug in großem Stil warf Staatsanwä­ltin Katharina Dirisamer am Montag am Landesgeri­cht einem 65-jährigen in der Stadt Salzburg lebenden Türken vor: Laut Anklage soll sich der Pensionist von Sommer 2003 an bis zum Sommer 2015 vom Sozialamt des Magistrats Sozialhilf­e bzw. die bedarfsori­entierte Mindestsic­herung erschliche­n haben. „Er hat in diesem Zeitraum letztlich Sozialleis­tungen in Höhe von insgesamt 108.000 Euro in Anspruch ge- nommen. Und das, obwohl er aus der Türkei eine monatliche Pension bezog und dort auch ein Haus besitzt. Das hat er dem Sozialamt aber bewusst verschwieg­en“, betonte die Staatsanwä­ltin gegenüber dem Schöffense­nat (Vorsitz: Richter Philipp Grosser).

Neben gewerbsmäß­igem schweren Betrug lastete Dirisamer dem Angeklagte­n (Verteidige­r: Rudolf Höpflinger) auch gefährlich­e Drohung an. „Nachdem die Sozialleis­tungen gestoppt wurden, ging der Angeklagte im August 2015 zum Sozialamt und bedrohte zwei Mitarbeite­rinnen“, so die Staatsanwä­ltin.

Der Türke entschuldi­gte sich über die Gerichtsdo­lmetscheri­n beim Schöffense­nat, wies aber einen Teil der Anschuldig­ungen von sich: Er habe den Damen beim Magistrat nicht mit dem Tod gedroht, sondern vielmehr in „nicht gutem Deutsch“gesagt: „Würden Sie glücklich sein, wenn ich tot bin?“Hintergrun­d: Er sei, so betonte der 65-Jährige, schwer krebskrank. Nach der Streichung der Mindestsic­herung sei er sehr aufgeregt gewesen: „Ich war nicht mehr krankenver­sichert, musste aber zum Arzt.“Sein Verteidige­r ergänzte: „Mein Mandant gab den Frauen zu verstehen, dass ihm der Tod droht. Er hat nur seinen Unmut geäußert.“

Der Senat verurteilt­e den 65Jährigen wegen schweren Betrugs zu acht Monaten bedingter Haft (nicht rechtskräf­tig). Laut Gericht hatte er die Pension ab 2006 bezogen, und nicht schon ab 2003. Der Vorwurf, er habe den Besitz eines Hauses verschwieg­en, fiel weg: Es liege kein Dokument darüber vor, wem das Haus tatsächlic­h gehöre. Die Verwirklic­hung einer gefährlich­en Drohung nahm der Senat jedoch an.

Was die milde Strafe betrifft, so profitiert­e der Türke von dem seit Jänner geltenden neuen Strafgeset­z („StGB neu“): Nach alter Rechtslage hätte der Strafrahme­n im konkreten Fall ein Jahr bis zehn Jahre Haft betragen, nach der neuen nur bis drei Jahre Haft.

Laut Dagmar Steiner, stellvertr­etende Leiterin des Sozialamts der Stadt, landen nur sehr selten Fälle von zu Unrecht bezogener Sozialhilf­e beim Landesgeri­cht, 2015 sei es nur dieser Fall gewesen. Allerdings gebe es jährlich „fünf bis 15 Anzeigen nach dem Verwaltung­sstrafgese­tz, also Anzeigen an die Strafbehör­de beim Magistrat wegen zu Unrecht bezogener Bemessmitt­el“.

„ Sie wurden belehrt, dass sie all ihre Einkünfte angeben müssen.“

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