Als Österreich die Wehrpflicht einführte
Warum die Entscheidung vor 80 Jahren fiel. Und wie es heute in dieser Frage steht.
Vor 80 Jahren – am 1. April 1936 – führte Österreich die allgemeine Wehrpflicht ein. Wehrpflichtig waren alle Männer zwischen 18 und 42 Jahren, der Wehrdienst dauerte ein Jahr. 1938 wurde die Dienstzeit auf 18 Monate verlängert.
Davor hatte es in der Ersten Republik ein Berufsheer gegeben. Österreich war – wie auch Deutschland – in den Friedensverträgen nach dem Ersten Weltkrieg die Wehrpflicht untersagt worden. Erlaubt war nur eine kleine Berufsarmee ohne schwere Waffen. Die Westalliierten wollten damit sicherstellen, dass von den ehemaligen Feinden nie wieder Gefahr ausgeht.
1935 setzte sich das Hitler-Regime in Deutschland jedoch über diese Beschränkungen hinweg und beschloss, die Wehrpflicht wieder einzuführen. In Reaktion darauf begann auch Österreich wieder auf- zurüsten, da es (zu Recht, wie sich bald zeigte) eine militärische Aggression des deutschen Nachbarn befürchtete. Um die notwendigen Mannstärken für die Abwehr eines deutschen Angriffs sicherstellen zu können, wurde daher auch in Österreich die Wehrpflicht wieder eingeführt. Von den Westmächten kam kein Einspruch, denn sie wollten nicht, dass Österreich ein militärisches Vakuum bilde, in das Hitler-Deutschland ungehindert vorstoßen könnte. Der Westen drängte Österreich sogar ausdrücklich dazu aufzurüsten, kurioserweise erfolgte diese Aufforderung ausgerechnet bei einer Abrüstungskonferenz in Genf. Aufgrund fehlender Budgetmittel fand die österreichische Aufrüstung allerdings nur in beschränktem Umfang statt.
Erfahrungen mit der Wehrpflicht hatte Österreich schon davor in der Monarchie gemacht. Unter Maria Theresia hatte es sozusa- gen eine „halbe“Wehrpflicht mit zahlreichen Ausnahmen für die höheren Stände gegeben. 1868 wurde erstmals eine echte allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Allerdings stellte sich heraus, dass die Armee gar nicht so viele Soldaten benötigte. Also wurden die Männer, die einrücken mussten, per Losentscheid ausgewählt. Wer nicht einrücken musste, hatte eine Wehrersatzsteuer zu entrichten.
Heute ist die Wehrpflicht in Österreich unumstritten. Spätestens seit Ausbruch der Asylkrise sind die Rufe nach einer Umstellung auf ein Berufsheer verstummt. Im Verteidigungsministerium war zuletzt sogar die Möglichkeit eines Aufschubpräsenzdienstes erörtert worden. Das würde bedeuten, dass Grundwehrdiener nach Ablauf ihrer sechsmonatigen Dienstzeit nicht abrüsten dürfen, sondern weiter Dienst tun müssen, wenn sie für einen Einsatz gebraucht werden.