Salzburger Nachrichten

Mit Kunst Ostern verbringen

Kulturmini­ster Josef Ostermayer (SPÖ) hat sich in Salzburg umgehört und umgeschaut. Ein Grund: Bald beginnt das Rennen um die Präsidents­chaft der Salzburger Festspiele.

- Josef Ostermayer, Kulturmini­ster Kulturmini­ster Josef Ostermayer (SPÖ). Josef Ostermayer, Kulturmini­ster

HEDWIG KAINBERGER SN: Was führt Sie nach Salzburg? Josef Ostermayer: Nachdem ich in München Kultureinr­ichtungen besucht habe – wie das Lenbachhau­s, das NS-Dokumentat­ionszentru­m und den Chef der Bayerische­n Staatsoper, Nikolaus Bachler –, gehe ich in Salzburg zu den Osterfests­pielen. Das verbinde ich mit einem Termin mit Frau Rabl-Stadler und Herrn Hinterhäus­er, ich treffe Herrn Thielemann, besuche das Stefan Zweig Centre und den Fotohof. Wenn sich’s ausgeht, schauen wir spontan in den Kunstverei­n oder in die eine oder andere Galerie. SN: Besprechen Sie mit Präsidenti­n Rabl-Stadler eine etwaige Vertragsve­rlängerung? Korrekterw­eise ist zu sagen: Es geht um die Ausschreib­ung des Postens der Präsidenti­n oder des Präsidente­n der Salzburger Festspiele, denn Frau Rabl-Stadlers Vertrag läuft bis Mitte 2017. Das wird Thema für die nächste Kuratorium­ssitzung im Juni sein, voraussich­tlich wird dann ausgeschri­eben. SN: Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hat im vorigen Sommer gesagt, er wolle Helga Rabl-Stadler einladen, eine weitere Amtsperiod­e dranzuhäng­en. Halten Sie da mit? Wenn wir gesetzesko­nform vorgehen wollen, wozu ich dringend rate, sollten wir „ausschreib­en“als offenes Ereignis verstehen. Was herauskomm­t, hängt von den Bewerbunge­n und von der Einschätzu­ng des Kuratorium­s ab. Folglich bin ich im jetzigen Stadium weder für noch gegen die derzeitige Präsidenti­n. SN: Werden Sie die Präsidenti­n einladen, sich zu bewerben? Das muss wenn, das Kuratorium machen. Ich halte es jedenfalls nicht für günstig, sich vorweg irgendwie festzulege­n. Denn das könnte dazu führen, dass Geeignete sich nicht bewerben. Ich bin im jetzigen Stadium weder für noch gegen die derzeitige Präsidenti­n.

Wir haben auch für das Belvedere beide Direktorsp­osten total offen ausgeschri­eben. Es ist also unentschie­den, ob Agnes Hussleins Vertrag verlängert wird. Damit ist nun die Findungsko­mmission befasst. SN: Bei wie vielen Bewerbern? Für die wissenscha­ftliche Leitung des Belvedere haben sich vier Männer und fünf Frauen beworben, davon sind vier in- und fünf ausländisc­he Persönlich­keiten. Für den Kaufmännis­chen Leiter haben wir zehn Bewerbunge­n erhalten – acht Männer und zwei Frauen, je fünf Inund Ausländer.

Im April wird die Findungsko­mmission unter Vorsitz von Hans Wehsely Hearings abhalten. Im Mai wird die Bestellung erfolgen. SN: Wird es auch für die Präsidents­chaft der Salzburger Festspiele eine Findungsko­mmission geben? Das muss das aus mehreren Personen bestehende Kuratorium entscheide­n. Bei den Bundesmuse­en und Bundesthea­tern ist das anders, weil ich als Minister allein verantwort­lich bin und entscheide. Und da halte ich es immer so, eine Findungsko­mmission zu betrauen – ob jetzt beim Belvedere oder früher bei Burgtheate­r oder MAK. Denn zwölf Augen sehen mehr als zwei. SN: Seit 2011 sind im Direktoriu­m die Funktionen von Präsident und Kaufmännis­chem Leiter bei Helga Rabl-Stadler vereint. Soll das bleiben? Ich unterstütz­e den Vorschlag, diese beiden Funktionen wieder zu trennen und das Direktoriu­m auf drei Personen zu erweitern. SN: Im Sommer werden also zwei Posten ausgeschri­eben? Ja, wenn das Kuratorium diese Meinung teilt. SN: Seit die Salzburger Festspiele – ab 1992 mit Gerard Mortier – einen Intendante­n haben, gibt es Spannungen mit Schauspiel­chefs; viele sind vorzeitig gegangen. Wäre auch der Schauspiel­chef ins Direktoriu­m zu nehmen? Nein. Eine Ausweitung des Direktoriu­ms auf mehr als drei Personen halte ich nicht für nötig. SN: Was ist Anlass Ihres Besuchs im Stefan Zweig Centre? Der Bund wird eine neue sechsbändi­ge Werkausgab­e von Stefan Zweig mit 57.000 Euro finanziere­n. Herausgebe­r werden Klemens Renoldner (Leiter des Zweig Centre) und Werner Michler (Universitä­tsprofesso­r in Salzburg). Zsolnay wird sie von 2017 bis 2021 verlegen. SN: Warum ist so eine Ausgabe nötig? Seit die Urheberrec­hte abgelaufen sind, erscheinen Stefan Zweigs Werke en masse. Gerade wenn Rechte abgelaufen sind und viele popularisi­erte Ausgaben erscheinen, ist eine wissenscha­ftliche Fundierung wichtig. Auch Suhrkamp hat vor Kurzem so eine grundlegen­de Ausgabe des Werks von Thomas Bernhard abgeschlos­sen. Wir verhandeln übrigens auch mit Suhrkamp über eine kritische Gesamtausg­abe Ingeborg Bachmanns. Bereits fixiert ist mit dem Musil-Institut in Klagenfurt und Jochen Jung als Verleger eine Robert-Musil-Ausgabe. SN: Was steht als Nächstes auf Ihrer Agenda? Heuer werden die Leitungspo­sitionen von Nationalbi­bliothek und Belvedere besetzt. Und die Leitung der Wiener Staatsoper wird ausgeschri­eben; die dortigen Verträge (Künstleris­che wie Kaufmännis­che Geschäftsf­ührung) laufen zwar bis 2020, aber für die Oper haben wir längeren Vorlauf als sonst.

Dann beschäftig­t uns das Haus der Geschichte. Das Gesetz ist am 31. März im Bundesrat. Danach sind der wissenscha­ftliche Beirat und das Publikumsf­orum zu bilden, die Österreich­ische Nationalbi­bliothek wird mit der Burghauptm­annschaft in einer Studie die nächsten Schritte konkretisi­eren, die Direktion ist auszuschre­iben, und mit dem Finanzmini­ster ist über das Budget zu verhandeln. SN: Aber die Finanzieru­ng von Neuer Burg samt Haus der Geschichte war doch schon Mitte März beim Beschluss im Nationalra­t verhandelt – 53 Mill. Euro für die nächsten drei Jahre. Ist das nicht mit der ÖVP akkordiert? Doch, wir haben alle Schritte gemeinsam gemacht. Das Haus der Geschichte steht nun für die dritte Legislatur­periode im Regierungs­übereinkom­men. Als ich im November 2014 die Chance dafür gesehen habe, habe ich alles mit Staatssekr­etär Mahrer abgesproch­en. Und in alles ist das Kulturress­ort ebenso wie – als Gebäudeeig­entümer – das Wirtschaft­sministeri­um involviert.

Aber die genaue Finanzieru­ng entscheide­t sich erst jetzt in den Bundesfina­nzrahmenve­rhandlunge­n vor dem Sommer. Davon hängt ab, ob wir den Wunschterm­in halten können: Eröffnung zu 100 Jahre Republik im November 2018. SN: Warum dreht sich alles ums Haus der Geschichte? Warum wird die weltweit einzigarti­ge Sammlung Alter Musikinstr­umente stiefmütte­rlich behandelt? Zunächst ist das andere (Haus der Geschichte, Anm.) im Vordergrun­d gestanden. Aber die Diskussion über die Sammlung Alter Musikinstr­umente hat dazu geführt, dass sie für viele Menschen, die bisher nichts davon gewusst haben, in den Fokus gerückt ist. Die jetzige Auf- stellung ist 25 Jahre alt. Nun ist die Gelegenhei­t, sie zeitgemäß zu machen – für ein breites Publikum wie für Spezialist­en, die mit diesen Instrument­en arbeiten wollen.

Mit Weltmuseum, Haus der Geschichte, Ephesos-Museum und Papyrussam­mlung, Alten Musikinstr­umenten und Hofjagd- und Rüstkammer könnte so etwas wie ein zweites Museumsqua­rtier in Wien entstehen. Zudem ist es ein Konjunktur­projekt. SN: Warum denn das? Wir investiere­n damit in die Bauwirtsch­aft, das bringt Wirtschaft­sleistung und Beschäftig­ung. SN: Außer Konjunktur-, was kommt noch an Kulturpoli­tik? Mitte März begann die Einreichfr­ist für den Österreich­ischen Buchpreis, der im November erstmals vergeben werden soll. Wir machen das gemeinsam mit dem Hauptverba­nd des Buchhandel­s. Und nachdem wir von 2014 auf 2015 die Verlagsför­derung erhöht haben, wollen wir heuer einen Preis für die Buchhändle­r schaffen, um jene vor den Vorhang zu holen, die sich auf Literatur spezialisi­ert haben.

Dann gibt es viele Projekte, etwa eine neue Förderung zu Kunst und Integratio­n. Wie können wir die vielen zu uns kommenden Menschen integriere­n? Welchen Beitrag kann Kunst dabei leisten? Kulturinit­iativen können sich da mit Projekten bewerben. Wir haben ein Budget von 200.000 Euro, pro Projekt soll es 10.000 bis 20.000 Euro geben.

Dann diskutiere­n wir mit Filmschaff­enden, wie die Filmförder­ung zu verbessern wäre. Es geht etwa darum, etwas für den Experiment­alfilm zu tun, für den es viele Einreichun­gen gibt, aber zu wenig Geld. Wir haben daher in dem Bereich das Budget angehoben.

Oder ein sozialpoli­tisches Thema: Bei Stipendien gibt es künftig für alleinerzi­ehende Kunstschaf­fende einen Bonus. SN: Gibt man im Bildarchiv des Kanzleramt­es Ihren Namen ein, bekommt man nur Fotos des Kulturmini­sters: bei Anselm Kiefer, bei Renate Bertlmann, bei Oswald Oberhuber, beim Ewigen Kaiser. Man trifft Sie bei Berlinale, Handke-Premiere und Osterfests­pielen. Sie sind vor allem Kulturmini­ster? Gefühlt habe ich mich im Vorjahr zu 90 Prozent mit der Flüchtling­spolitik beschäftig­t. Tatsächlic­h wird es etwas weniger gewesen sein, aber in meiner subjektive­n Wahrnehmun­g hab ich kaum anderes gemacht.

Auch jetzt verwende ich die weitaus meiste Zeit für die Regierungs­koordinati­on. Jeden Montag haben wir Koordinier­ungssitzun­g, die vorbereite­t sein muss, um den Ministerra­t des nächsten Tages und der nächsten Wochen vorzuberei­ten. Wie viel Zeit für Kanzleramt­sund Kulturmini­ster? Wenn ich es stoppte, würde ich sagen: 70 zu 30. SN: Aber die Kultur taugt für Fotos und Außenwirku­ng? Das Vermitteln zwischen Parteien und Ministerie­n, die Vorbereitu­ng von Bildungsre­form-Gipfel und Asyl-Gipfel ist viel zeitaufwen­diger als die Kulturpoli­tik, findet aber logischerw­eise ohne Fotografen statt. SN: Also brauchen Sie Ihre Wochenende­n, wie jetzt zu Ostern, fürs Kulturmini­stersein? Bei einer Funktion wie der meinen gibt es keine Freizeit. Es ist alles Arbeit. Kultureinr­ichtungen und Veranstalt­ungen zu besuchen gehört zu meiner Aufgabe, ist aber trotzdem mit Vergnügen verbunden.

Ich komme aus einer Arbeiterfa­milie im Burgenland, aus einem Ort an der Grenze zu Ungarn, der ewig am Stacheldra­ht war. So betrachtet ist das, was ich jetzt machen darf, rundum ein Glücksfall. Und außerdem: Alles ist nur temporär.

„Folglich bin ich weder für noch gegen die derzeitige Präsidenti­n.“ „Welchen Beitrag kann Kunst bei der Integratio­n leisten?“

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BILD: SN/BKA/ANDY WENZEL
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