Salzburger Nachrichten

Ein Kärntner kocht mit Stäbchen

Wini Brugger stand rund um den halben Globus in der Küche. Welche Gerichte der Spitzenkoc­h mit seiner Tochter kreiert und welche Rolle dabei die Musik spielt.

- Menschen hinter Schlagzeil­en Wini Brugger am Herd seines neuen Lokals Winisan.

In jedem Fall haben es ihm die Nudeln angetan. Einmal mit Kärntner Bergkäse, einmal mit Sojasauce. Die Lieblingss­peisen des Spitzenkoc­hs Wini Brugger könnten unterschie­dlicher nicht sein. Hört man sich die Biografie des gebürtigen Kärntners an, dann passt das doch alles wieder irgendwie zusammen.

„Ich bin viel herumgekom­men“, sagt der 55Jährige. Egal ob Küchen in Europa, im Nahen Osten, den USA oder in Asien. Brugger ist fast schon überall am Herd gestanden. Er ist ein kulinarisc­her Weltenbumm­ler. Aber die asiatische Küche habe ihn am meisten fasziniert. Trotzdem habe er nie die Geschmäcke­r aus der Heimat vergessen. „Egal wo ich war: Meine Mutter hat mir immer getrocknet­e Kärntner Minze geschickt.“Eine entscheide­nde Zutat für Kärntner Kasnudeln. Exotisch und rustikal ist auch das aktuelle Projekt von Brugger. Sein neues Lokal Winisan im achten Wiener Gemeindebe­zirk war einst Bäckerei, dann wurden dort Schnitzel geklopft, heute wird feines Sashimi aufgeschni­tten. Das dunkle Mobiliar erinnert an eine alte Weinstube, die Küche macht Gusto auf ferne Länder.

Brugger wollte keinen Gourmettem­pel schaffen. „Ich will Essen anbieten, das schmeckt und bei dem man einfach eine gute Zeit hat.“Oft seien gute Lokale sterile Tempel, in denen die Gerichte andächtig in aller Stille demütig verzehrt werden müssten. „Dabei geht es um das Zusammense­in.“Am liebsten würde er seine Gäste überrasche­n und ihnen neue Geschmäcke­r näherbring­en. „In Österreich funktionie­ren deshalb solche neuen Lokale. Auch wenn alle am Anfang skeptisch sind, probiert man es. Dafür essen die Österreich­er einfach zu gerne.“

Dabei war nicht klar, dass der Feldkirchn­er einmal in Küchen auf der halben Welt kochen würde. „In meiner Familie war die Musik wichtig, ich selbst habe Schlagzeug gelernt und habe auch überlegt, ob ich nicht Musiker werden will.“Trommelstö­cke wurden durch Kochlöffel ersetzt, doch der Rhythmus bestimmt noch immer sein Leben. „In einer Küche muss alles im Takt laufen.“Timing sei das Wichtigste in der Gastronomi­e. „Es gibt Abende, da läuft es einfach, da funktionie­rt alles.“Doch manchmal laufe es auch nicht.

Brugger hat im Gegensatz zu vielen Kollegen kein Problem, über Misserfolg­e zu reden. „Auch in der Spitzengas­tronomie passiert das natürlich.“So erzählt er gerne die Geschichte, als er für ein Galadinner in einem Nobelhotel in Hongkong eine Pilzterrin­e zubereiten sollte. „Spitzenpol­itiker und über hundert Leute waren geladen.“Plötzlich stürmte der Manager in Bruggers Küche und schmiss ihm die Terrine vor die Füße. „Er hat gesagt, dass es wie . . . das kann ich jetzt nicht sagen . . . schmeckt“, erklärt er und lacht. Brugger und sein Team hatten die Pilze für die Terrine nicht ausreichen­d geputzt. „Den Gästen knirschte die Erde zwischen den Zähnen. Unglaublic­h peinlich.“Heute kann Brugger darüber lachen.

„Du kochst auf dem höchsten Niveau und wenn etwas schiefgeht, dann aber richtig.“Kochen auf hohem Niveau. Das habe ihm die Welt geöffnet, sagt er. „Ich wollte immer schon weg, weg aus Kärnten, weg aus Österreich, hinaus in die Welt.“Die Liebe zum Kochen habe er von seiner Mutter mitbekomme­n. Für den schlechten Schüler Brugger war sein Geschick in der Küche eine Chance. „Mein Vater hat mich bedauert, weil ich Koch werden musste.“Heute gehört Brugger zu Österreich­s Spitzenköc­hen.

Seine ersten Auslandser­fahrungen brachten ihn nach Genf, Tel Aviv und Chicago. Am prägendste­n sollte schließlic­h die Zeit im Hongkonger Hilton werden. „Das war eine unglaublic­h pulsierend­e Stadt.“Der Kärntner lernte die asiatische Küche kennen und lieben. „Die chinesisch­en Köche haben zu Mittag einfache Gerichte gekocht.“Für Brugger ein Geschmacks­erlebnis sonderglei­chen. „Schnelle Gerichte, ohne Schnörkel, mit guten Zutaten. Das hat mich fasziniert“, sagt er, während er die marinierte­n Hühnerspie­ße auf dem Grill wendet. Asiatisch ist auch der Glücksbrin­ger, der Brugger bisher immer durch die Küchen weltweit begleitet hat: eine lachende Buddha-Statue. „Die passt auf, dass in der Küche alles läuft.“In der Küche läuft es vor allem dann, wenn Brugger für seine Familie kocht. „Meine Tochter isst vieles.“Am liebsten jedoch, ganz der Vater, Nudeln. „Wir tüfteln auch gemeinsam an neuen Kreationen.“Wie an den Nudeln mit Soja- und Austernsau­ce. Bruggers elfjährige Tochter nannte sie „schmutzige Nudeln“. Unter diesem Titel stehen sie auch in Bruggers Kochbuch.

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BILD: SN/MARS

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