Stabil mit taktischen Häppchen
Gegen Albanien offenbarte Österreichs Fußball-Nationalteam defensive Schwächen. Vor dem zweiten Test gegen die Türkei mahnt Teamchef Marcel Koller Disziplin ein.
WIEN. Es lag wohl auch am Türkischdolmetscher. Der Mann verstand es, bei der Pressekonferenz am Montag aus knappen Statements von ÖFB-Teamchef Marcel Koller langatmige und nicht mehr enden wollende Monologe für seine Landsleute zu zaubern. Das ließ die Aussagen von Koller dann noch kürzer und verhaltener erscheinen, als sie ohnedies schon waren.
Ein EURO-Test ist absolviert, der zweite folgt sogleich. Zwei Tage nach dem Spiel des Fußball-Nationalteams gegen Albanien und einen Tag vor dem Match gegen die Türkei in Wien (heute, Dienstag, 20.30/live in ORF eins) gab sich der Schweizer jedenfalls verschlossen, was Aufstellung oder Taktik betrifft.
Der 2:1-(2:0-)Sieg vom Samstag gegen Albanien wurde von Trainer und Spielern mit „gut begonnen, aber zu früh nachgelassen“bewertet. Die Anfangsoffensive hatte durch Tore von Marc Janko und Martin Harnik eine frühe Führung gebracht. Nach der Pause waren die personell umgestellten Österreicher nicht mehr im Bilde, kassierten schon nach knapp zwei Minuten das Anschlusstor und wirkten lange Zeit verunsichert. „Wir haben zu leicht Bälle verloren, da müssten wir ruhiger bleiben“, urteilte Innenverteidiger Aleksandar Dragović, an dessen Seite je eine Halbzeit Martin Hinteregger und Kevin Wimmer agierten. David Alaba sagte: „In der zweiten Hälfte war das nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Vielleicht sind wir vom Pressing der Albaner auch ein bisschen überrascht worden.“
Unterm Strich wollte man sich aber den Sieg nicht schlechtreden lassen: „Sicher war das nach der Pause nicht unsere beste Halbzeit. Aber wir haben auch noch unsere Chancen gehabt, auf 3:1 zu erhöhen.“Der Sieg habe beim Wiedersehen nach der Winterpause gut getan, lautete der Tenor, und im Juni bei der EURO gehe es schließlich auch darum, jeweils drei Punkte ins Trockene zu bringen.
Nach vorn hui, nach hinten zumindest manchmal pfui, so konnte es auch Marcel Koller unterschreiben. Oder wie er es ausdrückte: „Nach vorn geht es eh immer, aber nach hinten ist der Weg zum Erfolg. Da müssen wir uns in den Hintern kneifen.“Schon vor der Pause habe es zu große Lücken gegeben, da hätten die Albaner es aber noch nicht ausnutzen können. „Wir müssen die Räume besser zustellen“, sagte er und übte unverhohlen Kritik. Die Laufbereitschaft hätte auch größer sein können: „Wir haben uns zu wenig bewegt.“
Dafür sind die Testläufe aber schließlich auch da, und schon ge- gen die Türkei soll heute vieles besser werden. Mittelfeldspieler Zlatko Junuzović ist sich klar: „Das wird mindestens so intensiv wie gegen Albanien.“
Änderungen werde es kaum geben, so viel ließ Marcel Koller schon durchblicken. Die Aufstellung? Am Montag kam die Meldung, dass Julian Baumgartner wegen einer Erkältung fehlen wird, sonst seien alle fit. An seinem bewährten Team dürfte Koller also wenig bis gar keine Expe- rimente durchführen. Was die Ausrichtung angeht, verwies der Teamchef auf die wenige Zeit, die er stets zur Verfügung habe: „Da können wir ohnedies nicht die großen Dinge verändern. Die Hausaufgaben gehören gut erledigt. Und sonst kann man höchstens kleine Häppchen anbringen.“
Ein solches Häppchen war gegen Albanien die etwas offensivere Ausrichtung von David Alaba. Der Bayern-Star beschäftigte auf halbrechts die Abwehr, allerdings öffneten sich dadurch weiter hinten auch jene Lücken, die Marcel Koller so bemängelte. Das könnte gegen die Türken mit ihren hervorragenden Fußballern ins Auge gehen, daher sei Laufbereitschaft noch mehr gefragt.
Nach dem Türkei-Spiel werden sieben Wochen bis zum Teamtrainingslager und den darauffolgenden finalen EURO-Tests gegen Malta (31. Mai) und die Niederlande (4. Juni) vergehen. Anlass genug, sich schon Gedanken darüber zu machen, welche Spieler es endgültig in den 23-Mann-Kader für die EURO schaffen werden oder ob noch Chancen für die jetzt Unberücksichtigten bestehen. Marcel Koller bleibt gelassen und sagt: „Der Kader ist noch nicht in Stein gemeißelt.“Kurz und knapp, aber auf Türkisch wurde auch daraus ein Monolog in epischer Breite.