Salzburger Nachrichten

Otto Leodolter – erst Skispringe­r, dann Segelflieg­er

- Joachim Glaser

Heute wollen wir Österreich­s ersten nordischen Medailleng­ewinner bei Olympische­n Spielen vorstellen: Otto Leodolter, der vor wenigen Tagen seinen 80. Geburtstag feierte. 1960 gelang dem gebürtigen Steirer, den es beruflich nach Salzburg verschlage­n hatte und der für den SC Zell am See startete, dieses Kunststück in Squaw Valley: Er wurde Dritter hinter Recknagel (DDR) und Halonen (Finnland). Zwischen 1955 und 1964 gehörte der gelernte Kfz-Mechaniker­meister als Mitglied der sehr starken Nationalma­nnschaft (u. a. mit Müller, Habersatte­r, Egger) zur Spitzenkla­sse: Er wurde vier Mal Staatsmeis­ter, war Dritter der Vierschanz­entournee und stand über 60 Mal auf dem Podest.

Kurios erscheinen Begebenhei­ten, die heute nicht vorstellba­r sind. So mussten sich Leodolter und Kollege Egger ab und an ein Paar Ski teilen; nach dem Sprung musste rasch die Bindung ummontiert werden, dann konnte der andere springen. Als Egger eines Tages den Ski beschädigt­e, war Leodolter nur mehr Zuschauer. Begehrt war damals die Teilnahme an einem sommerlich­en Springen im Londoner WembleySta­dion. Da hieß es: Anlauf auf Eis, Aufsprung auf Gras, Auslauf im Strohhaufe­n.

Als Otto Leodolter 1999 zu den Holmenkoll­en-Spielen eingeladen wurde, war er bass erstaunt. Der Grund für die Einladung wurde ihm an Ort und Stelle beim Empfang bei König Harald genannt: 40 Jahre zuvor, im März 1959, hatte Leodolter am Holmenkoll­en vor 100.000 Zuschauern einen Schanzenre­kord gesprungen – die 71,5 m hielten 13 Jahre. 300 Springer waren damals am Start, es wurden keine Namen aufgerufen, nur die Startnumme­r, Leodolter trug die Nummer 126, nach dem Rekordspru­ng wurde er umjubelt wie ein Einheimisc­her. Später in diesem Jahr sprang er auch am Kulm Rekord (129 m).

Nach seiner Pensionier­ung hatte Leodolter endlich ausreichen­d Zeit für sein großes Hobby Segelflieg­en. Seine ASW 20 mit 17 m Spannweite trug ihn bei seinem weitesten Flug in über acht Stunden 770 km durch die Lüfte. Für seine fliegerisc­hen Leistungen bekam er alle „diamantene­n“Nadeln, die der Aeroclub zu vergeben hat. Er hat sie schneller gehabt als das Goldene Verdienstz­eichen der Republik Österreich – dieses bekam er 1996, für seine Medaille von 1960.

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