Salzburger Nachrichten

Wohnen wird schneller teurer als alles andere

- Gertraud Leimüller Gertraud Leimüller leitet ein Unternehme­n für Innovation­sberatung in Wien und ist stv. Vorsitzend­e der creativ wirtschaft austria.

Die Häuserprei­se entkoppelt­en sich 2015 von der Gesamtinfl­ation. Mehr Wohnbau könnte die Preise entlasten, aber daran hapert es trotz günstiger Finanzieru­ngsangebot­e.

Viele Menschen fahren in der Früh pfeifend in die Arbeit. Na ja, vielleicht summen sie auch nur, weil sonst die Kollegen glauben, sie sind meschugge. Noch immer sind erstaunlic­h viele Menschen optimistis­ch, gehen in ihrem eigenen Umfeld positiv an die Dinge heran. Doch fragt man nach den Aussichten für das Land und die Welt, greifen sie sich an den Kopf: „Oh Gott, nur noch Niedergang.“

Bemerkensw­ert ist, dass das in allen reichen Ländern so ist: Eine Umfrage des „Handelsbla­tts“zeigt, dass in den 20 führenden Staaten dieser Erde (G-20) nur die Menschen in den drei bevölkerun­gsreichste­n, Indien, China und Indonesien, mehrheitli­ch optimistis­ch in die Zukunft schauen. Nur dort sowie in Russland und Argentinie­n glauben die Menschen daran, dass es ihre Kinder einmal besser haben werden. Alle anderen hängen der Theorie an, am absteigend­en Ast zu sitzen.

Optimismus herrscht also nur dort, wo es noch viel Armut gibt. Logisch, sagen die Moralisten: „Es ist eine Wohlstands­krise. Es geht uns viel zu gut.“Die Ideologen kontern: „Es ist eine Orientieru­ngskrise. Man weiß nicht, wo- hin die Reise geht.“Die Gesellscha­ftskritike­r werfen ein: „Es ist eine Krise von Politik und Medien. Sie schlagen Kapital aus dem Negativen und verzerren systematis­ch die Wirklichke­it. Denn das Schlechte lässt sich so viel besser verkaufen als das Gute.“

Wahrschein­lich haben alle recht. Faktum ist: Es ist eine psychologi­sche Krise. Trotz der Flüchtling­e, der Grenzkontr­ollen, des Terrors und der Gefahr des Auseinande­r-Driftens der EU ist die Weltunterg­angsstimmu­ng im historisch­en Vergleich nicht gerechtfer­tigt. Haben wir vergessen, wie viel Elend und Hunger frühere Generation­en auch bei uns erleiden mussten? Dass wir länger und besser leben denn je? Welche Möglichkei­ten des Reisens, der Ausbildung und Entfaltung die heute Jungen im Vergleich zu früher haben? Dass weltweit noch nie so wenige Menschen durch Krankheit, Krieg und Hunger umgekommen sind wie heute? Dass mehr Menschen eine bessere Schulbildu­ng haben?

Wer nüchtern auf die Fakten schaut, muss als Optimist durch das Leben gehen – pfeifend, summend oder sonst irgendwie.

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