Wer Freihandel will, muss ins Licht treten
Der Freihandelsvertrag TTIP kann gut für Europa und die USA sein. Wenn man ihn so gestaltet, dass ihn Bürger verstehen und mittragen.
Die Transatlantic Trade and Investment Partnership, kurz TTIP, polarisiert wie kaum ein anderes Thema. Und mit jeder Verhandlungsrunde schwinden die Aussichten auf einen erfolgreichen Abschluss des Freihandelsvertrags zwischen den USA und Europa. Dass das so ist, haben sich die Anhänger des Freihandels zu einem Gutteil selbst zuzuschreiben. Es reicht eben nicht, gebetsmühlenartig die möglichen Wohlstandsgewinne vorzurechnen, über deren Ausmaß man im Übrigen trefflich streiten kann. Ein derart weitreichendes Abkommen, das in viele Lebensbereiche unmittelbar eingreift, braucht breite Zustimmung, sonst hat es keine Chance auf Umsetzung.
Dass die Gegner von TTIP in die Offensive gehen und bisher geheime Verhandlungsdokumente veröffentlichen, darf eigentlich nicht überraschen. In Zeiten, wo Datenlecks zur Routine werden, bleibt eben auf Dauer nichts geheim. Im Fall von TTIP ist es gut, dass einiges ans Licht kommt, was bisher im Verborgenen ausgehandelt wurde. Gut deshalb, weil ein so weitreichendes Abkommen keine Geheimniskrämerei verträgt und eine Versachlichung der über weite Strecken von Vorurteilen und Halbwahrheiten geprägten Debatte überfällig ist. Man kann nicht jede Verhandlung öffentlich führen, aber die Bürger haben ein Recht zu erfahren, wohin die Reise bei TTIP geht.
Dass beide Vertragspartner das Beste für sich herausholen wollen, ist legitim. Sowohl die USA wie auch Europa versuchen, in TTIP möglichst viel unterzubringen, was sich mit dem jeweils eigenen Rechtsrahmen und den wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Zielen deckt. Dass es da rote Linien und daher Konflikte gibt, liegt auf der Hand. Ein tragfähiger Kompromiss ist nur im Wettbewerb der Argumente möglich, für Wirtschaftsimperialismus ist kein Platz.
Die TTIP-Befürworter werfen den Gegnern Verschwörungstheorien vor. Das mag da und dort der Fall sein, aber man schafft sie nicht aus der Welt, indem man Fakten unter Verschluss hält. Und manche Fakten machen tatsächlich nachdenklich. Am Ende liegt es am EU-Parlament und den nationalen Regierungen, ob sie einem Verhandlungsergebnis zustimmen. Sie werden es nicht tun können, wenn eine Mehrheit der Bürger nicht davon überzeugt ist, dass mehr Freiheit im Handel zwischen den Kontinenten zu ihrem Wohl ist. Gelingt das nicht, wird TTIP dort landen, wo es die Gegner haben wollen: im Papierkorb. Um das zu verhindern, müssen die Freihandelsbefürworter ihre Strategie ändern und sich der Debatte stellen. Transparent und mit offenem Visier.