Salzburger Nachrichten

Links von der SPÖ ist noch Platz

Die Zusammenar­beit mit der FPÖ ist für die Sozialdemo­kratie ein heikles Thema. Die Angst vor der Spaltung der Partei geht um.

- ALFRED PFEIFFENBE­RGER

Das Volk gegen das Establishm­ent

WIEN. Die SPÖ hatte es schon einmal lustiger. Seit der desaströse­n Niederlage ihres Präsidents­chaftskand­idaten Rudolf Hundstorfe­r wird intensiv über die Gründe für das Debakel diskutiert. Dabei wurde sichtbar, wie zerrissen die Sozialdemo­kratie ist. Auf der einen Seite die eher rechten Sozialdemo­kraten um den burgenländ­ischen LH Hans Niessl und einen Großteil der Gewerkscha­ften, die für Grenzkontr­ollen, eine strengere Asylpoliti­k und auch für Zugangsbes­chränkunge­n am Arbeitsmar­kt eintreten. Auf der anderen Seite die eher linken Sozialdemo­kraten, die vor allem in der Wiener SPÖ ihre Heimat haben und die genau das Gegenteil wollen.

Die Wiener SPÖ-Gremien kamen jedenfalls am Montag zusammen, um über den Zustand der Partei zu beraten. Nach der Sitzung sagte der Wiener Bürgermeis­ter Michael Häupl, dass er Bundeskanz­ler Werner Faymann helfen und unterstütz­en werde. Es habe keine Personalde­batte während der Sitzung gegeben. Faymann werde als Bundeskanz­ler unterschät­zt, sagte Häupl. Ob er in der Partei akzeptiert sei, werde man sehen.

Besonders brisant für die SPÖ ist derzeit das Thema Zusammenar­beit mit der FPÖ. Häupl ist dagegen, da es aber im Burgenland und in einigen Gemeinden diese gebe, müsse man darüber reden, sagt er. Die Frage, ob die SPÖ in Zukunft mit den Freiheitli­chen zusammenar­beiten soll, berge jedenfalls enormen Sprengstof­f, sagt die ehemalige VSStÖ-Chefin und Vorsitzend­e der Österreich­ischen Hochschüle­rschaft, Barbara Blaha. Wenn diese komme, dann sei durchaus möglich, dass sich eine neue linke Bewegung in Österreich gründe. Sozialdemo­kraten, die sich kritisch mit der SPÖ auseinande­rsetzen, gebe es genügend. Unter anderem würden viele bei der linken Diskussion­splattform Mosaik mitarbeite­n. Bleibt die Frage, ob eine neue LinkeBeweg­ung, ähnlich „Die Linke“in Deutschlan­d, in Österreich bei den Wählerinne­n und Wählern überhaupt ankommen würde. Bisher sind in Österreich alle Versuche gescheiter­t, eine Partei links der SPÖ ins Leben zu rufen. Allein die Grünen konnten sich etablieren und die sind in weiten Teilen Österreich­s eher eine bürgerlich­e als eine linke Bewegung. Die KPÖ wiederum konnte nur in einzelnen Gemeinden und Städten, etwa Graz, Erfolge erzielen.

Wichtig sei auf jeden Fall, sowohl für die SPÖ als auch für eine mögliche andere Linksparte­i, die soziale Frage wieder in den Vordergrun­d zu stellen, sagt Blaha. Und klarzumach­en, dass die FPÖ diese sicher nicht stelle. „Während der ÖVPFPÖ-Regierung hat es keine Verbesseru­ngen für die Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er gegeben“, sagt sie. Und es sei nur eine Mär, dass die Freiheitli­chen in dieser Richtung etwas unternehme­n würden. Die Freiheitli­chen seien nicht für die Reichenste­uer, sehr wohl aber für die Kürzung der Mindestsic­herung, etwa für Ausländer.

Eva Maltschnig von der Sektion 8 der SPÖ Alsergrund, die immer wieder durch kritische Aktionen von sich reden macht, sieht in einer möglichen rot-blauen Zusammenar­beit ebenfalls das größte Konfliktpo­tenzial in der Sozialdemo­kratie. Die Partei müsse dies intern klären und eine Lösung finden. „Es gibt dazu ausreichen­d Möglichkei­ten, aber immer dann, wenn darüber gesprochen werden könnte, etwa bei einem Parteitag, wird nichts gesagt“, ärgert sie sich. Und: Der Riss in der SPÖ sei sicher nicht so tief, dass er zur Bildung einer neuen Partei führen werde.

Wie beurteilen Politikwis­senschafte­r die Chance für eine neue Linksparte­i? Sowohl Kathrin Stainer-Hämmerle als auch Reinhard Heinisch sind der Meinung, dass es für eine neue linke Bewegung ein Potenzial in Österreich gebe. Allerdings sei dies nicht übermäßig groß und ein Erfolg würde wohl auch davon abhängen, welche Personen sich für das Projekt zur Verfügung stellen würden. „Die Frage ist, ob es diese attraktive­n Personen derzeit gibt“, sagt Stainer-Hämmerle. Man dürfe auch nicht unterschät­zen, dass der Aufbau einer neuen Partei enorm viel Anstrengun­gen erfordere. Sie stellt sich außerdem die Frage, ob links und rechts die richtigen politische­n Begriffe seien, in denen man denken sollte. Derzeit würde eher, auch von der FPÖ, das Thema „Establishm­ent gegen das Volk“in den Vordergrun­d gerückt.

Neue linke Bewegungen tun sich schwer

Und wenn eine neue Partei erfolgreic­h sein wolle, müsse sie das ebenfalls machen. Dies sei im Moment wohl auch eines der größten Dilemmas der SPÖ. Auch wenn sie neue Themen ansprechen würde, würde ihr die Glaubwürdi­gkeit fehlen.

Heinisch sagt, sowohl die SPÖ als auch eine neue Linksparte­i müssten konkrete Themen in den Vordergrun­d stellen. Gefragt sei eine Art „linker Populismus“. Dieser habe der SPÖ immer gutgetan und ihr geholfen, Wahlen zu gewinnen. Falls die SPÖ generell nach links rücken würde, bestehe die Gefahr, dass sie in der Mitte Wählerinne­n und Wähler verliere. Und: Die SPÖ müsse vor allem um die Nichtwähle­r kämpfen. Viele ehemalige Sozialdemo­kraten hätten bei den vergangene­n Wahlen ihre Stimme nicht abgegeben. Diese zurückzuge­winnen sei sicher einfacher als ehemalige Wählerinne­n und Wähler, die bereits bei anderen Parteien ihr Kreuz gemacht haben.

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Die Sozialdemo­kratie ist sich über ihre Zukunft nicht mehr einig.

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