Links von der SPÖ ist noch Platz
Die Zusammenarbeit mit der FPÖ ist für die Sozialdemokratie ein heikles Thema. Die Angst vor der Spaltung der Partei geht um.
Das Volk gegen das Establishment
WIEN. Die SPÖ hatte es schon einmal lustiger. Seit der desaströsen Niederlage ihres Präsidentschaftskandidaten Rudolf Hundstorfer wird intensiv über die Gründe für das Debakel diskutiert. Dabei wurde sichtbar, wie zerrissen die Sozialdemokratie ist. Auf der einen Seite die eher rechten Sozialdemokraten um den burgenländischen LH Hans Niessl und einen Großteil der Gewerkschaften, die für Grenzkontrollen, eine strengere Asylpolitik und auch für Zugangsbeschränkungen am Arbeitsmarkt eintreten. Auf der anderen Seite die eher linken Sozialdemokraten, die vor allem in der Wiener SPÖ ihre Heimat haben und die genau das Gegenteil wollen.
Die Wiener SPÖ-Gremien kamen jedenfalls am Montag zusammen, um über den Zustand der Partei zu beraten. Nach der Sitzung sagte der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, dass er Bundeskanzler Werner Faymann helfen und unterstützen werde. Es habe keine Personaldebatte während der Sitzung gegeben. Faymann werde als Bundeskanzler unterschätzt, sagte Häupl. Ob er in der Partei akzeptiert sei, werde man sehen.
Besonders brisant für die SPÖ ist derzeit das Thema Zusammenarbeit mit der FPÖ. Häupl ist dagegen, da es aber im Burgenland und in einigen Gemeinden diese gebe, müsse man darüber reden, sagt er. Die Frage, ob die SPÖ in Zukunft mit den Freiheitlichen zusammenarbeiten soll, berge jedenfalls enormen Sprengstoff, sagt die ehemalige VSStÖ-Chefin und Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft, Barbara Blaha. Wenn diese komme, dann sei durchaus möglich, dass sich eine neue linke Bewegung in Österreich gründe. Sozialdemokraten, die sich kritisch mit der SPÖ auseinandersetzen, gebe es genügend. Unter anderem würden viele bei der linken Diskussionsplattform Mosaik mitarbeiten. Bleibt die Frage, ob eine neue LinkeBewegung, ähnlich „Die Linke“in Deutschland, in Österreich bei den Wählerinnen und Wählern überhaupt ankommen würde. Bisher sind in Österreich alle Versuche gescheitert, eine Partei links der SPÖ ins Leben zu rufen. Allein die Grünen konnten sich etablieren und die sind in weiten Teilen Österreichs eher eine bürgerliche als eine linke Bewegung. Die KPÖ wiederum konnte nur in einzelnen Gemeinden und Städten, etwa Graz, Erfolge erzielen.
Wichtig sei auf jeden Fall, sowohl für die SPÖ als auch für eine mögliche andere Linkspartei, die soziale Frage wieder in den Vordergrund zu stellen, sagt Blaha. Und klarzumachen, dass die FPÖ diese sicher nicht stelle. „Während der ÖVPFPÖ-Regierung hat es keine Verbesserungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegeben“, sagt sie. Und es sei nur eine Mär, dass die Freiheitlichen in dieser Richtung etwas unternehmen würden. Die Freiheitlichen seien nicht für die Reichensteuer, sehr wohl aber für die Kürzung der Mindestsicherung, etwa für Ausländer.
Eva Maltschnig von der Sektion 8 der SPÖ Alsergrund, die immer wieder durch kritische Aktionen von sich reden macht, sieht in einer möglichen rot-blauen Zusammenarbeit ebenfalls das größte Konfliktpotenzial in der Sozialdemokratie. Die Partei müsse dies intern klären und eine Lösung finden. „Es gibt dazu ausreichend Möglichkeiten, aber immer dann, wenn darüber gesprochen werden könnte, etwa bei einem Parteitag, wird nichts gesagt“, ärgert sie sich. Und: Der Riss in der SPÖ sei sicher nicht so tief, dass er zur Bildung einer neuen Partei führen werde.
Wie beurteilen Politikwissenschafter die Chance für eine neue Linkspartei? Sowohl Kathrin Stainer-Hämmerle als auch Reinhard Heinisch sind der Meinung, dass es für eine neue linke Bewegung ein Potenzial in Österreich gebe. Allerdings sei dies nicht übermäßig groß und ein Erfolg würde wohl auch davon abhängen, welche Personen sich für das Projekt zur Verfügung stellen würden. „Die Frage ist, ob es diese attraktiven Personen derzeit gibt“, sagt Stainer-Hämmerle. Man dürfe auch nicht unterschätzen, dass der Aufbau einer neuen Partei enorm viel Anstrengungen erfordere. Sie stellt sich außerdem die Frage, ob links und rechts die richtigen politischen Begriffe seien, in denen man denken sollte. Derzeit würde eher, auch von der FPÖ, das Thema „Establishment gegen das Volk“in den Vordergrund gerückt.
Neue linke Bewegungen tun sich schwer
Und wenn eine neue Partei erfolgreich sein wolle, müsse sie das ebenfalls machen. Dies sei im Moment wohl auch eines der größten Dilemmas der SPÖ. Auch wenn sie neue Themen ansprechen würde, würde ihr die Glaubwürdigkeit fehlen.
Heinisch sagt, sowohl die SPÖ als auch eine neue Linkspartei müssten konkrete Themen in den Vordergrund stellen. Gefragt sei eine Art „linker Populismus“. Dieser habe der SPÖ immer gutgetan und ihr geholfen, Wahlen zu gewinnen. Falls die SPÖ generell nach links rücken würde, bestehe die Gefahr, dass sie in der Mitte Wählerinnen und Wähler verliere. Und: Die SPÖ müsse vor allem um die Nichtwähler kämpfen. Viele ehemalige Sozialdemokraten hätten bei den vergangenen Wahlen ihre Stimme nicht abgegeben. Diese zurückzugewinnen sei sicher einfacher als ehemalige Wählerinnen und Wähler, die bereits bei anderen Parteien ihr Kreuz gemacht haben.