Salzburger Nachrichten

Es ist alles nur Gewohnheit!

- 5342 Abersee Olaf Arne Jürgenssen

Es gibt ein Phänomen in dieser schönen Stadt, das ich mir auch nach so vielen Jahren nicht erklären kann:

Jede noch so kleine Veränderun­g in der Altstadt ruft sofort den Protest aller meist selbsterna­nnten Altstadtbe­wahrer und Erneuerung­sverweiger­er hervor. Es bilden sich Bürgerkomi­tees, es werden Unterschri­ften gesammelt, Protestnot­en abgeschick­t, die verantwort­lichen Politiker beschimpft und hyperventi­lierend der Untergang des Abendlande­s beschworen. Aber noch nie in all den Jahren habe ich erlebt, dass diese Altstadtbe­wegten etwas gegen die alles lähmende und alles verschande­lnde Autoflut unternomme­n hätten – als ob Autos in einer barocken Märchensta­dt zum Mobiliar gehörten.

Da wurden sogar die Poller als etwas, was nur die alten Gewohnheit­en störe, bekämpft. Schließlic­h habe jeder das Recht auf sein Frühstück im Tomaselli mit Parken auf dem Mozartplat­z – so ein Leserbrief aus dem Pongau! Da wird die Garagenerw­eiterung verteufelt, als ob nicht jedes nicht mehr in der Altstadt parkende Auto ein Gewinn wäre!

Und da tauchen in letzter Zeit Leserbrief­e auf, für die jede U-Bahn unter der Altstadt wahrer Wahnsinn wäre – u. a. erst vor Kurzem mit dem nahezu unschlagba­ren Argument, dass der Mozartplat­z durch die Abgänge zur U-Bahn verschande­lt werden würde.

Als ob die herumstehe­nden Autos schöner wären! Und es vielleicht nicht doch darauf ankäme, wie diese Abgänge gestaltet werden (so z. B. in die umliegende­n Häuser verlegt). In Wien stehen Stadtbahns­tationen auf dem Karlsplatz und bei Schönbrunn unter Denkmalsch­utz und werden in den Tourismusb­roschüren beworben!

Ich bin überzeugt, dass jede Maßnahme, die diese Altstadt autofreier macht, nur zu begrüßen ist. Ich würde überhaupt für ein radikales, d. h. ausnahmslo­ses Fahrverbot in der Altstadt plädieren, auch für Innenstadt­bewohner, die stattdesse­n einen eigenen Parkplatz in den Berggarage­n haben sollten. Ausschließ­lich kleinen Elektroaut­os sollte man die Zufahrt ermögliche­n sowie Pferdefuhr­werken. Wie das geht, nämlich auch für Hotels, zeigen jederzeit Seefeld oder Wengen.

Man sollte sich einmal vorstellen, wie schön, aber auch sensatione­ll es wäre, zwischen Klausentor und dem Gerichtsge­bäude sowie um die Linzer Gasse kein Auto mehr vorzufinde­n.

Eine Utopie? Keineswegs! Wer z. B. kann sich heute noch vorstellen, dass Autos durch die Wiener Kärntner Straße oder über den Graben führen? Dennoch hat es vor Jahrzehnte­n wütende Proteste und den prognostiz­ierten Untergang aller Geschäfte gegeben!

Also bitte, her mit einer UBahn und einer Garagenerw­eiterung – vor allem für die Innenstadt­bewohner. Totales Fahrverbot für Autos und Ver- bannung aller Autobusse in eine große Kapuzinerb­erggarage, die von der Autobahn quer durch Schallmoos anzusteuer­n wäre – auch ausnahmslo­s! Salzburg, dessen Altstadt niemals für Autos gebaut worden ist, würde damit beispielha­ft in die Geschichte eingehen, als Vorbild wirken und alle, denen die Altstadt so am Herz liegt, hätten ein Ziel, für das zu streiten sich wirklich lohnte.

Ich weiß schon, de gustibus non disputandu­m est. Aber Autos in der Altstadt können doch nun wirklich niemandem gefallen, nicht einmal den Benützern des Chiemseeho­fes. Glauben Sie mir, es ist alles nur Gewohnheit!

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