Es ist alles nur Gewohnheit!
Es gibt ein Phänomen in dieser schönen Stadt, das ich mir auch nach so vielen Jahren nicht erklären kann:
Jede noch so kleine Veränderung in der Altstadt ruft sofort den Protest aller meist selbsternannten Altstadtbewahrer und Erneuerungsverweigerer hervor. Es bilden sich Bürgerkomitees, es werden Unterschriften gesammelt, Protestnoten abgeschickt, die verantwortlichen Politiker beschimpft und hyperventilierend der Untergang des Abendlandes beschworen. Aber noch nie in all den Jahren habe ich erlebt, dass diese Altstadtbewegten etwas gegen die alles lähmende und alles verschandelnde Autoflut unternommen hätten – als ob Autos in einer barocken Märchenstadt zum Mobiliar gehörten.
Da wurden sogar die Poller als etwas, was nur die alten Gewohnheiten störe, bekämpft. Schließlich habe jeder das Recht auf sein Frühstück im Tomaselli mit Parken auf dem Mozartplatz – so ein Leserbrief aus dem Pongau! Da wird die Garagenerweiterung verteufelt, als ob nicht jedes nicht mehr in der Altstadt parkende Auto ein Gewinn wäre!
Und da tauchen in letzter Zeit Leserbriefe auf, für die jede U-Bahn unter der Altstadt wahrer Wahnsinn wäre – u. a. erst vor Kurzem mit dem nahezu unschlagbaren Argument, dass der Mozartplatz durch die Abgänge zur U-Bahn verschandelt werden würde.
Als ob die herumstehenden Autos schöner wären! Und es vielleicht nicht doch darauf ankäme, wie diese Abgänge gestaltet werden (so z. B. in die umliegenden Häuser verlegt). In Wien stehen Stadtbahnstationen auf dem Karlsplatz und bei Schönbrunn unter Denkmalschutz und werden in den Tourismusbroschüren beworben!
Ich bin überzeugt, dass jede Maßnahme, die diese Altstadt autofreier macht, nur zu begrüßen ist. Ich würde überhaupt für ein radikales, d. h. ausnahmsloses Fahrverbot in der Altstadt plädieren, auch für Innenstadtbewohner, die stattdessen einen eigenen Parkplatz in den Berggaragen haben sollten. Ausschließlich kleinen Elektroautos sollte man die Zufahrt ermöglichen sowie Pferdefuhrwerken. Wie das geht, nämlich auch für Hotels, zeigen jederzeit Seefeld oder Wengen.
Man sollte sich einmal vorstellen, wie schön, aber auch sensationell es wäre, zwischen Klausentor und dem Gerichtsgebäude sowie um die Linzer Gasse kein Auto mehr vorzufinden.
Eine Utopie? Keineswegs! Wer z. B. kann sich heute noch vorstellen, dass Autos durch die Wiener Kärntner Straße oder über den Graben führen? Dennoch hat es vor Jahrzehnten wütende Proteste und den prognostizierten Untergang aller Geschäfte gegeben!
Also bitte, her mit einer UBahn und einer Garagenerweiterung – vor allem für die Innenstadtbewohner. Totales Fahrverbot für Autos und Ver- bannung aller Autobusse in eine große Kapuzinerberggarage, die von der Autobahn quer durch Schallmoos anzusteuern wäre – auch ausnahmslos! Salzburg, dessen Altstadt niemals für Autos gebaut worden ist, würde damit beispielhaft in die Geschichte eingehen, als Vorbild wirken und alle, denen die Altstadt so am Herz liegt, hätten ein Ziel, für das zu streiten sich wirklich lohnte.
Ich weiß schon, de gustibus non disputandum est. Aber Autos in der Altstadt können doch nun wirklich niemandem gefallen, nicht einmal den Benützern des Chiemseehofes. Glauben Sie mir, es ist alles nur Gewohnheit!