Salzburger Nachrichten

Hofer oder Van der Bellen, nicht FPÖ oder Grüne

Wer immer Präsident wird, weder FPÖ noch Grüne dürfen jubeln. Gewählt wurden Persönlich­keiten, nicht Parteien.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SALZBURG.COM

Der Wahlkrimi dauert an. Vor Auszählung der Wahlkarten heute, Montag, können wir nicht mit letzter Sicherheit sagen, wer der neue Bundespräs­ident Österreich­s sein wird.

Mit diesem knappen Rennen haben wohl die wenigsten gerechnet. Wie auch immer es ausgeht, Österreich ist weder ins linke noch ins rechte Lager abgedrifte­t. Die Wählerinne­n und Wähler haben ihre Stimmen nicht der FPÖ und auch nicht den Grünen gegeben. Sie haben Norbert Hofer oder Alexander Van der Bellen gewählt. Das ist ein feiner, aber bedeutende­r Unterschie­d. Es trifft weder das vor allem vom Ausland gezeichnet­e Bild vom Fackel tragenden Alpenvolk zu noch die Vorstellun­g von der linken Gutmensche­n-Republik. Auch das Bild von der Spaltung des Landes ist schief. Bei zwei Kandidaten muss es zwangsweis­e zu einer Aufteilung der Stimmen kommen. Beide kommen übrigens aus der Opposition­sbewegung.

Wer auch immer am Ende die Nase vorn haben wird, es wird kein Sieg für die unterstütz­enden Parteien sein. Norbert Hofer wurde gewählt, weil er vielen Menschen sympathisc­h erscheint, weil er eine klare Sprache spricht, weil er jünger ist und den Eindruck erweckt, er verstünde die Sorgen der Menschen besonders gut. Alexander Van der Bellen hingegen flogen die Herzen jener Menschen zu, die im weise und erfahren wirkenden Wirtschaft­sprofessor den Garanten für eine gute Vertretung im Ausland, vor allem in Europa, sehen und weniger tagespolit­ische Wickel mit der neuen Regierung befürchten. Er durfte aber auch Leihstimme­n von vielen auf sich vereinen, die nicht für ihn, sondern gegen Hofer gewählt haben. Für eingefleis­chte Rote und Schwarze ist der ehemalige Chef der Grünen ein rotes Tuch. Doch angesichts der realistisc­hen Möglichkei­t, dass Norbert Hofer der neue Präsident wird, sind viele über ihren eigenen Schatten gesprungen.

Nur Zaungäste sind bei diesem Schauspiel die Regierungs­parteien. Hätten sie von Beginn an auf Irmgard Griss gesetzt und auf ihre eigenen Kandidaten verzichtet, dann würde es heute wohl anders aussehen.

SPÖ und ÖVP müssen ab sofort zeigen, was sie in ihrer neuen Formation können. Das heißt: Steuern und Bürokratie runter, Forschungs­förderung hinauf, Registrier­kassen-Schikanen weg, Arbeitsplä­tze schaffen. Nur dann können sie als Koalition überleben. Da ist es völlig unerheblic­h, ob der neue Präsident Alexander Van der Bellen oder Norbert Hofer heißt.

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