So reagierte das Ausland
Die Bundespräsidentenwahl in Österreich ist international auf enormes Interesse gestoßen. Hunderte Journalisten beobachteten den Urnengang. Hier eine kleine Auswahl der Kommentare.
Die Welt (Deutschland) Die FPÖ ist ausländer- und europakritisch. Beide Kandidaten hatten im Wahlkampf betont, ihr Amt aktiver als bisherige Präsidenten ausüben zu wollen. Hofer warb mit der Ankündigung um Stimmen, die Regierung zu entlassen, wenn er mit ihrer Arbeit unzufrieden wäre. Das österreichische Staatsoberhaupt hat zumindest auf dem Papier mehr Macht als zum Beispiel der deutsche Bundespräsident . . . Ein Unsicherheitsfaktor bei den Hochrechnungen ist die Rekordzahl von voraussichtlich etwa 700.000 bis 800.000 Briefwählern. Das sind mehr als zehn Prozent der Wahlberechtigten. Deren Stimmen werden erst am Montag ausgezählt. Bild (Deutschland) Die Wahl des neuen Bundespräsidenten in Österreich entwickelt sich zu einem politischen Krimi . . . Die Abstimmung wird international mit Spannung verfolgt. Gewinnt Hofer, würde in Österreich ein rechtspopulistischer Politiker zum Staatsoberhaupt werden – europaweit ein Novum. Neue Zürcher Zeitung (Schweiz) Insofern könnte man eine Wahl Hofers auch als Ohrfeige für das gesamte Establishment interpretieren, an der der gegenwärtige Zuspruch für den neuen Bundeskanzler nichts mehr ändern konnte, wie zuletzt spekuliert worden war. Hofer gilt als das anständige Gesicht der Freiheitlichen, und dieses stets freundliche Auftreten hatte im ersten Wahlgang massgeblich zu seinem Erfolg beigetragen. Tagesanzeiger ( Schweiz) Ein Unsicherheitsfaktor bei den Hochrechnungen ist die Rekordzahl von rund 900.000 Briefwählern. Das sind rund 14 Prozent der 6,4 Millionen Wahlberechtigten. Deren Stimmen werden erst am Montag ausgezählt . . . Traditionell neigen Briefwähler eher nicht zu den Rechtspopulisten, weshalb ihre Stimmen den Ausschlag für den langjährigen Grünen-Vorsitzenden Van der Bellen geben könnten. Auch das Resultat von Wien könnte entscheidend sein. FAZ (Deutschland) Dass diese Stichwahl das Potential haben würde, das Land zu spalten, war abzusehen gewesen. Aber bei näherem Besehen handelte es sich eher um eine Art negative Polarisierung. Diese Vermutung nähren auch Nachwahlbefragungen (Peter Hajek für ATV und das Institut Sora für den ORF), die am Sonntag verbreitet wurden.
Für annähernd jeden zweiten Wähler Van der Bellens und immerhin jeden dritten Hofer-Wähler ging es vor allem darum, den jeweils anderen Bewerber zu „verhindern“. Überdurchschnittlich, nämlich zu mehr als zwei Dritteln für Hofer gestimmt haben laut Sora solche Wähler, die angaben, dass sie eine Verschlechterung der Lebensqualität befürchten. Die Zeit Der große Zuspruch, den Norbert Hofer mit seiner Vorstellung eines Schiedsrichters in der Präsidentschaftskanzlei erfährt, nährt sich vielmehr aus der seit langer Zeit aufgestauten Unzufriedenheit der Wähler mit den Entscheidungsträgern in der Politik. Da scheint einer, der die Spielregeln nach seiner populistischen Fasson auslegt und nach einem groben Foul am vermuteten Volkswillen die Rote Karte zückt, eine verführerische Option zu sein, jedenfalls ein alternatives Modell zu der gegenwärtigen tristesse gouvernementale.