Salzburger Nachrichten

Keine gute Zeit für neue Banken

Warum sich der Start der ersten österreich­ischen Bank für Gemeinwohl verzögert. Und warum die Gründer trotzdem davon überzeugt sind.

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WIEN. Die Bank für Gemeinwohl (BfG) schwimmt schon vor ihrem offizielle­n Start gegen den Strom. In Zeiten, in denen andere Banken massiv Filialen schließen und Mitarbeite­r abbauen, startet die geplante Ethikbank neu, sucht Mitarbeite­r und vor allem Kapital, damit sie offiziell die Banklizenz beantragen kann. Ursprüngli­ch wollte man diesen Prozess in diesem Frühjahr beginnen, jetzt dürfte sich alles bis Mitte 2017 verschiebe­n.

Mit vorantreib­en soll die Entwicklun­g Peter Zimmerl, der zusammen mit Christine Tschütsche­r das neue Vorstandsd­uo der Gemeinwohl-Bank bildet. Tschütsche­rs früherer Vorstandsk­ollege, der Ex-Banker Robert Moser, folgt nun doch seiner Berufung zum Psychother­apeuten. Ihm folgt mit dem Ex-PayLife-Manager Peter Zimmerl ein Experte für den bargeldlos­en Zahlungsve­rkehr.

Warum ist das Projekt der Gemeinwohl-Bank nach anfänglich­em Elan ins Stocken geraten? Dass von den angepeilte­n sechs Millionen Euro, die man für das Beantragen einer Banklizenz haben wollte, bisher erst rund die Hälfte eingegange­n ist, begründet Zimmerl mit dem „doch sehr ambitionie­rten Zeitplan“, trotzdem sei das Erreichte beachtlich. Nun gehe es darum, die Schleusen aufzudrehe­n und zu mobilisier­en. „Dem muss man schon ein bisschen mehr Zeit geben.“Er glaubt aber unveränder­t an das Potenzial des Projekts. Einen genauen Startzeitp­unkt gibt es noch nicht. Voraussetz­ung ist die Zustimmung der Genossensc­hafter als Eigentümer der Bank. Aktuell wird noch geprüft, wie viel Kapital konkret für die Bankeröffn­ung notwendig ist. Frühestens Mitte 2017 könnte man ein Girokonto anbieten und bald auch eine Crowdfundi­ng-Plattform.

Die auf der Plattform präsentier­ten Unternehmu­ngen sind – gemäß dem Gründungsg­edanken der Bank – gleich zweifach geprüft: einmal auf Bonität, also Kreditwürd­igkeit. Hier haben sich die Anforderun­gen verschärft, gemäß Alternativ f in anzierungs gesetz müsse gesichert sein, dass alles auf soliden Beinen steht.

Mindestens genauso wichtig ist bei der BfG aber das Kriterium „Gemeinwohl-Tauglichke­it“. Jedes Projekt muss dem Gemeinwohl nützen. Das können Schul- und Bildungspr­ojekte sein oder Vorhaben im Bereich Umwelt oder Ernährung, definitiv nicht aber Konsumkred­ite oder Großprojek­te wie Bahnhöfe. Dabei will man durchaus Nischen abdecken. Zimmerl: „Wir wollen uns auf Dinge konzentrie­ren, die sonst im Finanzieru­ngsbereich nicht abgedeckt sind.“Man will Know-how aufbauen in einem Bereich, den Banken links liegen lassen, weil sie sich anderswo höhere Gewinnspan­nen verspreche­n. Dass man damit Crowdfinan­ce-Projekten ins Gehege kommt, befürchtet Zimmerl nicht. Außerdem sei er „ein Freund von Kooperatio­nen, wir wollen ja Dinge umsetzen“.

Jetzt sei wohl auch eine „kritische Zeit“für die Gründung einer Bank, viele Menschen seien verunsiche­rt und versteckte­n ihr Geld lieber unter dem Kopfpolste­r, anstatt es zu investiere­n.

Über die Ökonomie hinaus versteht sich die BfG als Teil einer größeren Bewegung, wo es stark um Vertrauen gehe, sagt Zimmerl. Man habe den Anspruch, einen Wandel im heimischen Finanzwese­n einzuleite­n. Es gebe viele Arten der Mitgestalt­ung, vom Zeichnen eines Mindestant­eils ab 200 Euro bis hin zur konkreten Mitarbeit. Insgesamt gehe es um die Wiederhers­tellung des Vertrauens, „damit das Werkel wieder in Bewegung kommt“.

Der BfG gehe es um Nachhaltig­keit, sie sei das Gegenteil einer kurzfristi­g orientiert­en Heuschreck­e, „eher ein Nützling, der langsam ist und bleibt und etwas Neues zum Erblühen bringt“. Warum tut sich Zimmerl das Ganze an? „Hier gefallen mir die Grundsätze, die breite gesellscha­ftliche Basis, Transparen­z, Mitbestimm­ung“, sagt er. Nach vielen Jahren im Finanz- und Bankenbere­ich habe er bei der BfG Dinge gefunden, die immer gefehlt hätten. Hier sei der Sinn greifbarer. „Genial, wenn sich das so umsetzen lässt, möchte ich das zumindest auspro- biert haben.“

Projekte könnten auch scheitern, räumt Zimmerl ein. Das könne man nie ausschließ­en, „aber das kann nicht das Argument sein, dass man es gar nicht macht“. Doch mit Know-how und genauem Hinschauen könne man diese Gefahr so gering wie möglich halten. So soll die Eigenkapit­alabdeckun­g mit durchschni­ttlich über zehn Prozent über das Kreditport­folio über jenem einer normalen Bank liegen. „Bei uns kann man davon ausgehen, dass das Geld in guten Händen ist.“

Wenig abgewinnen kann der frühere „Mister Bankomatka­rte“, der Innovation­en wie Quick oder aufladbare Handygutha­ben in Österreich einführte, der Debatte um die Abschaffun­g des Bargelds. Er glaubt nicht an eine komplette Verdrängun­g von Geldschein­en und Münzen. Aber neue Geschäftsm­odelle wie der Onlinehand­el brächten neue Systeme mit sich, „die Bezahlmeth­oden orientiere­n sich an den Bedürfniss­en“. Bargeld werde es weiter geben, weil das Bedürfnis dafür da sei. Die Computerwä­hrung Bitcoin findet Zimmerl interessan­t. An Spekulatio­nen über den Kurs gegenüber dem Euro will er sich aber nicht beteiligen, das passe so gar nicht ins Geschäftsm­odell.

„Wir sind mehr eine Bewegung als eine Bank.“ Peter Zimmerl, Bank für Gemeinwohl

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