Salzburger Nachrichten

Die Käufer von Alpine-Anleihen haben einen Pyrrhus-Sieg errungen

Die Bekämpfung des Risikos bedeutet die Bekämpfung der Chancen auf Erfolg. Risiko umfasst Gewinne wie Verluste.

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Bei den Zeichnern der Anleihen des bankrotten Baukonzern­s Alpine herrscht nun eitel Wonne: Der Oberste Gerichtsho­f hat entschiede­n, dass den Kunden das Risiko nicht ausreichen­d vermittelt wurde und die Bank für den Schaden aufkommen muss.

Dieses Urteil hat, wie die vielen ähnlichen, auch in anderen Staaten ergangenen Entscheidu­ngen, nur für die unmittelba­r Betroffene­n positive Auswirkung­en. Insgesamt nützt die anlegerfre­undliche Rechtsprec­hung nicht den Kunden, wie die Konsumente­nschützer behaupten. Das Gegenteil ist der Fall.

Jedes Urteil, das eine Bank verpflicht­et, für einen Verlust aus einem Wertpapier­geschäft aufzukomme­n, bewirkt, dass dieses und mit ihm alle anderen Institute die ohnehin bestehende­n Bremsen noch stärker anziehen. Man drosselt die Anlagebera­tung, Papiere, die auch nur das geringste Risiko erkennen lassen, werden nicht verkauft, gegenüber den Kunden werden die Gefahren überzeichn­et, die Chancen kleingered­et.

Diese Tendenz wird auch durch die Finanzmark­trichtlini­e MIFID der EU vorgegeben. Die Anlagebera­ter müssen die Kunden in einer Weise über die Risiken informiere­n, dass im Fall von Verlusten nachweisba­r ist, dass der Kunde die Gefahr gekannt hat und das Risiko eingehen wollte. Die Praxis zeigt, dass, auch wenn die MIFID-Regeln eingehalte­n wurden, die Gerichte in der Folge nicht selten eine mangelhaft­e Beratung und eine Pflicht zur Schadeners­atzleistun­g der Bank erkennen.

Mit dieser Entwicklun­g wird die Veranlagun­g in Wertpapier­e vernichtet. Auch die besten Experten können die Risiken nicht voll abschätzen. Zur Illustrati­on: Apple war vor zehn, zwölf Jahren in einer existenzbe­drohenden Krise, erlebte in der Folge einen sensatione­llen Aufstieg und muss nun, ohne neue Wunderwerk­e wie iPhone oder iPad, Rückschläg­e hin- nehmen. Um diese Entwicklun­g vorherzuse­hen, hätte 2004 ein Berater hellseheri­sche Fähigkeite­n haben müssen. Griechenla­nd war jahrelang ein von allen internatio­nalen Großbanken geschätzte­r und verwöhnter Kreditkund­e. Warum sollte ein Finanzbera­ter nicht Griechenla­nd-Anleihen verkaufen?

In den Mittelpunk­t rückt das Risiko. Angesichts von Verlusten wird im Nachhinein bedauert, dass man ein Risiko eingegange­n ist. Nur: Ohne Risiko gibt es keine Aussicht auf attraktive Gewinne, die die Anleger suchen. Ohne Risiko gibt es keinen unternehme­rischen Erfolg, Anleger und Firmen, die nichts wagen, haben auch keine Chancen.

Die drei Alpine-Anleihen waren mit 5,25 und 6 Prozent fix verzinst, in einer Phase als die Zinsen generell im Sinkflug waren. Hätte die Alpine überlebt . . .

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Ronald Barazon

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