Salzburger Nachrichten

Vom Blockieren zur Allianz der Gestalter

Die Regierung müsse für große Reformen die Sozialpart­ner und die Länder mit ins Boot nehmen, sagt der Industriel­le Hannes Androsch.

- Hannes Androsch, Industriel­ler wie

Geht es nach Ex-Finanzmini­ster Hannes Androsch, dann hat die Regierung unter Bundeskanz­ler Christian Kern „nichts zu verlieren außer den nächsten Wahlen“und müsse sich daher zu echten Reformen aufraffen. Die Stimmung im Land, die sich mit dem Antritt von Kern „in verblüffen­d kurzer Zeit gedreht“habe, müsse nun mit konkreten Projekten unterfütte­rt werden, sagte Androsch im Klub der Wirtschaft­spublizist­en. An großen Brocken, die anzupacken seien, nannte er das Bildungssy­stem, wo die Anpassung an den digitalen Wandel überfällig sei, eine Neuordnung der Finanzströ­me im Land sowie ein Durchforst­en der Verwaltung. Der Konsolidie­rungsbedar­f im Budget sei unbestreit­bar, das sei aber eng mit dem Finanzausg­leich verknüpft, der aktuell zwischen Bund und Ländern neu verhandelt wird. Dabei müsse man endlich zu einer Verteilung der Steuereinn­ahmen kommen, die mit den Aufgaben im Einklang stünden, sagte Androsch. In den vergangene­n Jahren hätten die Länder einen überdurchs­chnittlich hohen Anteil erhalten, in einigen Fällen, wie der Bankenabga­be (40 Prozent der Einnahmen gehen an die Länder) sei dies „regelrecht absurd“. Die Bankenabga­be sei im Übrigen ein Hindernis bei der Kreditverg­abe, man treffe damit mittelbar die Klein- und Mittelbetr­iebe im Land.

Für dringend notwendig hält Androsch auch, den Dschungel an Vorschrift­en und Auflagen zu lichten. Damit und auch mit einer mittelalte­rlichen Gewerbeord­nung „verlei- det man Selbststän­digen ihre Tätigkeit“, man tue aber auch den Angestellt­en nichts Gutes. Das berechtigt­e Schutzbedü­rfnis der Arbeitnehm­er werde vielfach übertriebe­n, als Beispiel nannte Androsch die zu strikte Regelung der Arbeitszei­ten.

Um beim Erledigen der genannten Aufgaben Erfolg zu haben, brauche die Regierung allerdings Unterstütz­ung von allen Seiten – den Sozialpart­nern („sind Teil der Lösung und des Problems“) und nicht zuletzt den Bundesländ­ern, sagte Androsch. In Österreich gebe es „eine Fülle von Verhindere­rn und Blockierer­n“, die müssten nun dringend „einer Allianz von Modernisie­rern und Gestaltern“Platz machen. Bei dem von Kern zitierten „New Deal“gehe es darum, „dass jeder sagt, worauf er verzichten kann“, forderte Androsch. Die eine oder andere Maßnahme ginge sich noch vor dem Sommer aus, für große Reformbroc­ken sei es durchaus ratsam, sich mehr Zeit zu nehmen.

Ein klares Ja sagte der Industriel­le zu den umstritten­en Freihandel­sabkommen TTIP und CETA. Es gebe viel Fehlinform­ationen, allerdings sei das Thema von den Befürworte­rn auch schlecht vorbereite­t.

„Man hat die Signale gehört, jetzt muss man ein paar Pflöcke einschlage­n.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria