Salzburger Nachrichten

„Watson“soll künftig Ärzte unterstütz­en

Ein neues Computerpr­ogramm soll medizinisc­he Aufzeichnu­ngen nutzen.

- SN, APA

„Watson“ist ein von IBM entwickelt­es Computersy­stem, das in der US-Quizshow „Jeopardy!“zwei menschlich­e Champions besiegt und damit bewiesen hat, dass es knifflige und doppeldeut­ige Rätselfrag­en versteht. Nun wird es weiterentw­ickelt und soll künftig Ärzten helfen, Probleme ihrer Patienten rascher zu erkennen, sagte John Prager von IBM anlässlich eines Vortrags in Wien.

Durch die Umstellung von Papierakte­n auf elektronis­che Patientend­aten wird es bald für jede Person Hunderte bis Tausende gut abrufbare medizinisc­he Aufzeichnu­ngen geben, je nachdem, wie alt jemand ist und wie oft er oder sie in Behandlung war. Um daraus die für aktuelle Beschwerde­n und Therapien relevanten Daten zu extrahiere­n, bräuchte ein Arzt sehr lang, außerdem könnte er leicht etwas übersehen. „Unsere Technologi­e ist aber gut darin, solche Aufzeichnu­ngen auf intelligen­te Art und Weise zu lesen und zu durchsuche­n“, sagte Prager, der am IBM-Forschungs­zentrum in Yorktown Heights (USStaat New York) arbeitet.

„Watson“soll den Medizinern nicht die Diagnosen abnehmen, sondern sie dabei unterstütz­en. Etwa, indem er die relevanten Laborwerte zusammenfa­sst, ermittelt, welche Leiden aus der Vergangenh­eit mit dem aktuellen Problem zusammenhä­ngen könnten, und ob Wechselwir­kungen mit eingenomme­nen Medikament­e oder Allergien einer bestimmten Behandlung im Wege stehen.

Dabei muss das Computersy­stem den Kontext der Sprache und des Fachgebiet­s verstehen. Das sei für „Watson“in der Medizin um einiges schwierige­r als bei der Quizshow, sagte Prager. Dort waren alle Fragen positiv gestellt, in den Patientena­kten sind viele Aufzeichnu­ngen hingegen negativ formuliert. Etwa dass der Betroffene nicht über Schmerzen klagt, eine Wunde nicht gerötet oder ein Tumor auszuschli­eßen ist. Freilich muss er auch Laborwerte interpreti­eren und die medizinisc­hen Fachausdrü­cke dazu lernen, also zum Beispiel, dass ein erhöhter Kaliumwert im Blutserum als „Hyperkaliä­mie“bezeichnet wird.

Außerdem würde ihm ohne das notwendige Medizin- und Sprachvers­tändnis bei einer Suche nach „Krebs“-Vorfällen entgehen, dass der Betroffene früher schon unter Blutkrebs litt, wenn dies in den Patientena­kten als Leukämie dokumentie­rt wurde. Das nötige medizinisc­he Wissen kann „Watson“aus medizinisc­her Fachlitera­tur und Nachschlag­ewerken sowie wissenscha­ftlichen Publikatio­nen beziehen. Das System lernt dabei selbst, welche Quellen nützlich sind, denn es merkt sich jene, die ihm beim Erstellen einer korrekten Antwort geholfen haben. Dieses „Training“finde in Kooperatio­n mit Medizinern statt, erklärte Prager.

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BILD: SN/AFP „Watson“ist ein von IBM entwickelt­es Computerpr­ogramm.

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