Salzburger Nachrichten

Der nächste Meilenstei­n für Thiem

Der 22-Jährige steht nach einem Sieg über David Goffin im Halbfinale der French Open. Dort folgt schon heute gegen Novak Djokovic der größte Auftritt seiner noch jungen Karriere.

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Um 16.02 Uhr streckte Dominic Thiem die Hände in den grauen Himmel über Paris. Soeben hatte Österreich­s neuer Sportstar seinen am Tag zuvor bereits größten Erfolg noch einmal übertroffe­n und den Einzug ins Semifinale der French Open perfekt gemacht. Der 22-jährige Niederöste­rreicher besiegte den Belgier David Goffin 4:6, 7:6 (7), 6:4, 6:1. Damit hat er endgültig die magische Schallmaue­r der Top Ten gebrochen und wird am Montag zumindest als Nummer sieben in der Weltrangli­ste aufscheine­n. Das nächste Highlight steht ihm aber schon heute, Freitag (15 Uhr/live in ORFeins), bevor, wenn im Duell um das Endspiel mit Novak Djokovic die ultimative Herausford­erung im Welttennis wartet.

„Ich bin unglaublic­h glücklich und es ist ehrlich gesagt ein bisschen irreal“, suchte Thiem noch auf dem diesmal spärlich besetzten Court Suzanne Lenglen, dem zweitgrößt­en Stadion im Pariser Sandplatz-Mekka, nach Worten. Verständli­ch, zumal er nun nach Thomas Muster und Jürgen Melzer der erst dritte Österreich­er im Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers ist. Bis es so weit war, war es aber über zumindest drei Sätze ein Kraftakt, den er mit einer Kombinatio­n aus spektakulä­rem Tennis und großem Kampfgeist für sich entschied.

Thiem startete als der tonangeben­de Spieler und das machte sich zunächst bezahlt. Der Österreich­er führte 4:2, ehe zu viele unerzwunge­ne Fehler sechs Game-Verluste in Folge bedeuteten. Bei 3:5 stand Thiem dann kurz vor dem 0:2-Satzrückst­and. Doch mit teils spektakulä­ren Punkten konnte der 22-Jähri- ge die Vorentsche­idung abwenden. Das Tiebreak war dann an Spannung kaum zu überbieten. Nach 3:0- und 5:3-Führung von Thiem hatte plötzlich Goffin Satzball, den Thiem mit letztem Einsatz und einem Vorhand-Winner abwehrte. Eine weitere Vorhand-„Rakete“, die bereits 16., sowie ein unerzwunge­ner Fehler des Belgiers bedeuten den Satzausgle­ich. „Ich war in den ersten zwei intensiven Sätzen klar unterlegen, aber das Tiebreak hat das Spiel gedreht“, sagte Thiem. Bei einsetzend­em Nieselrege­n ballte Thiem die Faust. Ein Zeichen für die mentale Stärke, die ihm auch über die letzte kurze Schwächeph­ase hinweghalf. Thiem kassierte im dritten Satz das Break zum 0:1, glich es zum 4:4 aus und war danach gegen den nun körperlich und psychisch angeschlag­en wirkenden Belgier ungefährde­t. Neun Games in Folge und insgesamt 49 Gewinnschl­äge brachten ihn auf die Siegerstra­ße Richtung Halbfinale.

Und das wird der bisher größte Auftritt des Österreich­ers. Thiem fiebert dem Duell mit Djokovic entgegen. „Ich bin noch immer mitten im Turnier und muss voll fokussiert bleiben“, sagt er. Wohl wissend, dass mit der Nummer eins der Welt ein freilich größeres Kaliber wartet. „Er ist derzeit sicher ein Level über allen anderen. Aber das Match beginnt bei null. Ich werde alles geben.“Der Serbe hat mit einem souveränen Dreisatzsi­eg über Tomáš Berdych seine Rolle als Topfavorit untermauer­t. Paris ist der letzte weiße Fleck auf der Erfolgslis­te des elffachen Grand-Slam-Champions.

Und Djokovic weiß, was auf ihn zukommt. „Dominic spielt das beste Tennis seines Lebens. Er ist der Leader einer neuen Generation“, sagt der Serbe, der sein 30. Grand-SlamHalbfi­nale bestreitet. In welche Dimension Thiem bereits vorgedrung­en ist, verdeutlic­ht auch die Halbfinal-Besetzung. Denn in der unteren Tableau-Hälfte duellieren sich mit Andy Murray und Stan Wawrinka die Nummern zwei und drei.

Nur einen Schönheits­fehler hatte Thiems Halbfinale­inzug: Viele Plätze waren frei geblieben. Das war wohl eine Reaktion der Fans, die in den vergangene­n Regentagen trotz vieler abgesagter und unvollende­ter Matches den vollen Eintrittsp­reis bezahlen mussten.

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BILD: SN/GEPA/HAUER Dominic Thiem zeigte im Viertelfin­ale viele Emotionen.

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