Sensible Bakterien reinigen Abwasser
Tiroler Forscher sind mit einem neuen umweltfreundlichen Verfahren weltweit erfolgreich. Kläranlagen können dadurch sehr viel Energie sparen und mehr ammoniumhaltige Abwässer behandeln.
Auf biologischem Weg und mit geringem Energieeinsatz wandelt ein an der Universität Innsbruck entwickeltes Verfahren in Kläranlagen anfallende Stickstoffverbindungen in unschädlichen Luftstickstoff um. Die Forscher nutzen dafür ein biologisches Verfahren, die DEMON®-Technologie, um große Mengen an Ammonium aus den Abwässern zu entfernen. Dieses DEMON®-Verfahren wurde bereits vor elf Jahren entwickelt und von der Universität Innsbruck zum Patent angemeldet. „Die technische Umsetzung ist allerdings schwierig, weil die dabei eingesetzten Anammox-Bakterien extrem langsam wachsen und sehr sensibel reagieren“, sagt Mitentwickler Bernhard Wett. Nun wird in Kürze mit dem US-Unternehmen DC Water ein Abkommen unterzeichnet, das die gemeinsame Weiterentwicklung der Technologie vorsieht. Der neue Partner der Innsbrucker Umwelttechniker errichtet gerade die bisher größte Anlage zur Deammonifikation im Klärwerk Blue Plains in Washington, DC.
Ammonium, eine stickstoffhaltige Verbindung, entsteht aus Harnstoff und kommt über die menschlichen Ausscheidungen in die Kläranlage. Um es in harmlosen Luftstickstoff umzuwandeln, muss in das Klärbecken Luft geblasen werden. Aerobe Bakterien wandeln Ammonium in Nitrat um. Im anaeroben Teil der Kläranlage geschieht noch einmal eine Umwandlung in Luftstickstoff. Bei den Abbauprozessen vermehren sich die Bakterien stark. Überschüsse müssen abgepumpt werden. Diese Masse kommt in den sogenannten Faulturm der Kläranlage.
Thomas Pümpel, Mikrobiologe im Team von Bernhard Wett, erklärt, was dann passiert: „Die Bakterienmasse ist ein Klärschlamm, der im Faulturm weiterverarbeitet wird. Dabei wird Biogas produziert, Methan also, das für die Stromproduktion genutzt werden kann. Ein Teil des Stickstoffs, den die Bakterien aufgenommen haben – Stickstoff ist ein normaler Bestandteil lebender Zellen – wird wieder zu Ammonium. Wird der Klärschlamm in feste Bestandteile und Wasser getrennt, so wird das Wasser, in dem viel Ammonium enthalten ist, wieder in die Kläranlage geleitet. Dort muss es erneut mit erheblichem Energieeinsatz belüftet werden, damit Bakterien es abbauen können.“
Zwei Drittel des Energieverbrauchs einer Kläranlage fallen für diese Belüftung an. Bevor nun das Wasser aus dem Faulturm in die Kläranlage zurückgeleitet wird, schaltet sich das DEMON®-Verfahren ein. „Darin enthalten sind spezielle Bakterienkulturen, die ohne Sauerstoffzufuhr arbeiten, also anaerobe Mikroorganismen. Sie wandeln das Übermaß am Ammonium wieder in harmlosen Luftstickstoff um, sodass enorm viel Belüftungsenergie gespart werden kann. In Summe wird aus dem Biogas mehr Energie erzeugt, als die Kläranlage benötigt“, stellt Thomas Pümpel fest.
Die bahnbrechende Steuerungstechnologie dafür entwickelte Bernhard Wett mit seinem Team. „Die erste Anlage haben wir in der Kläranlage Strass im Zillertal erfolgreich umgesetzt. Diese konnte als erstes Klärwerk weltweit energieautark betrieben werden“, sagt er. Die Nachfrage ist international groß. Anlagen werden derzeit in Stockholm, Singapur, Yokohama und Jerusalem geplant und gebaut. Info: