Salzburger Nachrichten

Sieht so Integratio­n aus?

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Von der Flüchtling­skrise wird kaum mehr gesprochen. Andere Themen dominieren derzeit die Medien. Die tatsächlic­he Situation jener Menschen, denen unser Land Asyl gewährt hat, ist jedoch dramatisch. Ich betreue seit rund einem dreivierte­l Jahr zwei syrische Flüchtling­e in einem CaritasHau­s in Oberalm/Salzburg. Nach elf (!) Monaten wurde dem Vater (51) Asyl gewährt. Seine Tochter (21), die zwei Monate nach ihm nach Österreich gekommen ist, wartet noch immer auf ihren Bescheid. Seit damals heißt es für die beiden nur warten, warten, warten. Keine Möglichkei­t der Beschäftig­ung, keine qualifizie­rten Deutschkur­se. Die Bemühungen der Caritas, für die Menschen in der Grundsiche­rung zu sorgen bzw. Deutschkur­se anzubieten, möchte ich hier jedoch ausdrückli­ch als engagiert und sinnvoll hervorhebe­n.

Für eine Anmeldung beim AMS (hier konkret AMS Hallein) benötigt man eine Bestätigun­g eines erfolgreic­h absolviert­en elementare­n Deutschkur­ses, das A1-Zertifikat. Nach meiner Erfahrung gibt es Kurse dafür nur auf dem privaten Markt (Wifi, bfi in Salzburg). Auf meine Frage, ob denn das AMS Deutschkur­se anbiete, meinte der wirklich sehr bemühte Sachbearbe­iter, dass es derzeit keine Kurse gebe, weil ja nicht so viele hier seien, wie das in den Medien immer kolportier­t werde.

Vier Monate nach Erhalt eines positiven Asylbesche­ids müssen die Menschen aus dem von der Caritas geführten Haus (nur Grundsiche­rung!) ausziehen. Laut Sozialamt darf eine Wohnung für zwei Personen nur rund 450 Euro kosten. In Salzburg? Das kann ja wohl nur ein Witz sein? Am freien Markt sind kaum Wohnungen für „Flüchtling­e“verfügbar. Meine Erfahrung ist, dass Vermieter hier äußerst restriktiv und ablehnend vorgehen.

Also kein A1-Zertifikat (da keine Deutschkur­se verfügbar), daher keine Arbeit und ohne Arbeit keine Wohnung. Sieht so sinnvolle Integratio­n aus?

Ich bemühe mich seit Monaten, einen Weg durch den Dschungel der Widrigkeit­en zu finden und komme zu dem Schluss, dass ich in meinen Bemühungen auch deshalb scheitere, weil es meines Wissens – und hier spreche ich als Privatpers­on – keine Plattforme­n gibt, wo anerkannte Flüchtling­e systematis­ch und umfassend betreut werden. Darunter verstehe ich die Verfügbark­eit von Deutschkur­sen, Beratung bei der Wohnungssu­che, danach Weiterleit­ung an das AMS. All dies sollte zentral bei einer Stelle erfolgen. Der Weg durch den österreich­ischen Bürokratie­dschungel ist für einen Österreich­er schon fast nicht zu bewältigen, wie geht es dann Menschen, denen solche bürokratis­che Hürden völlig fremd sind?

Ich setze hier große Hoffnungen in den neuen Bundeskanz­ler, endlich konkrete Maßnahmen umzusetzen und zentrale Plattforme­n zu schaffen, die jene Menschen, denen wir erlaubt haben, in unserem Land zu leben, sinnvoll und situations­angepasst dabei unterstütz­en, den Weg in eine neue Existenz zu finden, und welche die Arbeit für uns Freiwillig­e nicht nur erleichter­n, sondern ermögliche­n. Mag. Martina Pasqualin

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