WIRTSCHAFT
Viel niedriger können die Zinsen nicht mehr werden. Wäre doch ein perfekter Zeitpunkt, um sich für Aktien zu interessieren. Die Österreicher sehen das anders, zeigt eine aktuelle Umfrage. Vor allem im Osten misstraut man der Börse.
Viel niedriger können die Zinsen nicht mehr werden. Eine Alternative wären Aktien. Aber die Österreicher misstrauen ihnen.
WIEN, SALZBURG. So wie es aussieht, dürften aus den Österreichern in absehbarer Zeit keine wirklichen Börsentiger werden. Dies, obwohl die Zinsen historisch tief stehen, und auch auf den Immobilienmärkten die Renditen schon besser waren. Eine aktuelle Umfrage des Österreichischen Aktienforums zeigt: Aktien und Fonds bleiben ein Minderheitenthema. Auch wenn der Schreck nach der Finanzkrise ab 2008 langsam überwunden scheint.
Insgesamt halten sechs bis sieben Prozent der heimischen Haushalte direkt Aktien. Rechnet man Fonds hinzu, steigt der Wert auf etwa 14 Prozent. Gegenüber 2011 bedeutet das sogar einen Rückgang um rund ein Fünftel. Rund 44 Prozent der Studienteilnehmer stimmten der Aussage zu, die Börse sei „etwas für Spekulanten“. Die Aussage „Die Börse ist ein wichtiger Kapitalgeber“findet nur ein Fünftel plausibel, „Die Börse ist wichtig für die Entwicklung eines Landes“rund ein Viertel. Am allermeisten Zustimmung findet dagegen die Aussage „Dort kann man Geld verlieren“(59 Prozent). Wobei es bei diesen Fragen zuletzt immerhin einen gewissen Aufwärtstrend gab.
Überhaupt scheinen sich nur die wenigsten überhaupt mit Aktien auseinanderzusetzen. Wirklich stark interessiert am Thema zeigten sich nur vier Prozent der 3090 Befragten. Ein weiteres Fünftel hegt zumindest ein vages Interesse an Börsendingen. Drei Viertel der Befragten haben mit dem Thema Aktien oder Fonds aber wenig oder gar nichts am Hut. Generell sind Männer etwas börsenaffiner als Frauen, zwischen Älteren und Jungen gibt es kaum Unterschiede. Auch ist der Unterschied zwischen Stadt und Land nicht auffällig.
Dagegen gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen der sozialen Stellung und Aktienbesitz. Führungskräfte und Selbstständige sind drei Mal so häufig „sehr“an Aktien interessiert als etwa Arbeiter. Spannend ist das Ost-West-Gefälle, das sich in Österreich auftut: In Salzburg, Tirol und Vorarlberg ist das Interesse an Aktien etwa eineinhalb Mal so stark ausgeprägt wie in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland. Am stärksten wirkt sich aber die Bildung aus: Maturanten und Akademiker sind zu 14 Prozent und damit doppelt so häufig am Kauf von Aktien interessiert wie Fach- oder Hilfskräfte.
Für Karl Fuchs, Geschäftsführer des Aktienforums, ist ob dieser Zahlen naturgemäß noch viel Platz nach oben für die Entwicklung des österreichischen Finanzplatzes. Warum sind die Österreicher doch rechte Börsenmuffel – im Vergleich zu den Deutschen und vor allem den Schweizern? Fuchs tippt auf eine historische Entwicklung, jedoch sei die Ursachenforschung ein durchaus spannendes Feld für die Wissenschaft.
Die Wiener Börse ist von alldem freilich direkt betroffen. In eigener Sache stellt man dort fest: Gerade jetzt seien Aktien „eine der wenigen Veranlagungsoptionen, die eine Chance auf Rendite bringen“. Bei heimischen Werten hätten zuletzt zumindest die Dividenden durchschnittlich drei Prozent im Jahr ausgemacht. Der Index ATX ist indessen deutlich gefallen.