Salzburger Nachrichten

Thiem fand seinen Meister

Erst ein Novak Djokovic in Hochform beendete im Halbfinale den Erfolgslau­f von Dominic Thiem in Paris. Für den Österreich­er war es das größte Match, für die Nummer eins der vorletzte Schritt zum noch unvollende­ten „Traum“.

- CHRISTIAN MORTSCH

1:48 Stunden durfte Dominic Thiem sein erstes Grand-SlamHalbfi­nale genießen. Sofern es der Gegner zuließ, denn dieser war am Freitag mit Novak Djokovic eine Nummer zu groß. Der Serbe zeigte über die weitesten Strecken sein bestes Tennis in Roland Garros und besiegte den Österreich­er 6:2, 6:1, 6:4. Thiem, dem Außenseite­rchancen eingeräumt worden waren, darf sich aber als neue Nummer sieben der Welt mit 500.000 Euro (brutto) Preisgeld und vor allem mit seinem größten Karriereer­folg trösten.

„Er war einfach zu stark, das muss man ganz klar so sagen. Einerseits, weil er sehr gut gespielt hat, anderersei­ts, weil ich ihm auch das Leben teilweise zu einfach gemacht habe. Alles in allem war ich einfach chancenlos“, gestand Thiem. Vor allem der Aufschlag ließ den Österreich­er zu oft im Stich. „Novak ist einer der besten Returnspie­ler. Ich brauche die Offensive, damit ich gut spielen kann.“Djokovic habe ihm dank starker Returns wenig Chancen gegeben, in diese Offensivpo­sition zu gelangen. „So hat er mir meine größte Waffe genommen“, analysiert­e Thiem.

„Ich habe gegen Tomáš (Berdych im Viertelfin­ale) und jetzt meine besten Matches hier gespielt“, fasste Djokovic mit einem Satz den Spielverla­uf zusammen. „Und man darf nicht vergessen, dass es sein erstes Halbfinale bei einem Grand Slam war. Vielleicht war er am Anfang daher zu nervös“, erklärte der Serbe, der damit den vorletzten Schritt zu seinem Traum, dem ersten Triumph in Paris, souverän meisterte.

„Die größte Hürde“hatte Thiem erwartet und er sollte damit vom ersten Punkt an recht behalten. Zu solide agierte Djokovic, den Thiem nie ernsthaft gefährden konnte. Zu wenige erste Aufschläge bedeuteten bei zwar doppelt so vielen Winnern (12:6), dafür vier Mal so vielen Fehlern (20:5) ein klares 2:6. Djokovic zeigte, warum er die aktuell wohl einsamste Nummer eins aller Zeiten und Thiem wie alle anderen „nur“ein Herausford­erer ist. Nach 70 Minuten führte der Serbe mit 2:0 in Sätzen. Dann zeigte Thiem, warum ihn viele Experten und auch sein Gegner als einen „Leader der neuen Generation“ bezeichnen. Mit dem Rücken zur Wand und den 10.000 Zuschauern im Rücken ging die neue Nummer sieben der Welt 3:0 in Führung. Wenig später war der BreakVorsp­rung aber wieder dahin und damit auch der Glaube an die Sensation. Djokovic gewann fünf Games in Folge und zog souverän in sein viertes Paris-Finale ein.

Damit ist Djokovic wieder einmal nur mehr einen Sieg vom Titel entfernt. Elf Grand-Slam-Titel nennt er sein Eigen, in Paris blieb dem Serben ein Triumph bisher aber verwehrt. 2012 und 2014 war Rafael Nadal eine zu große Hürde, im Vorjahr unterlag er einem entfesselt aufspielen­den Stan Wawrinka. Roland Garros ist neben Olympiagol­d die bisher unerfüllte Sehnsucht für jenen Mann, der in Paris als erster Spieler die 100-Millionen-DollarMark­e an Preisgeld durchbroch­en hat. „Ob Sie es glauben oder nicht: Preisgeld war nie eine Quelle meiner Motivation oder die Inspiratio­n, um Tennis zu spielen.“

Vielmehr sind es diese großen Endspiele wie nun am Sonntag (15 Uhr/live auf ORF Sport+) gegen Andy Murray. Seine Favoritenr­olle kann er schon ob seiner unglaublic­hen Serie nicht leugnen: Seit der besagten Niederlage vor einem Jahr hat der „Djoker“alle 27 Matches auf Major-Ebene gewonnen. In Paris hat er im Turnierver­lauf nur einen Satz abgegeben. „Ich bin in der Situation, von der ich all die Jahre träume. Ich hoffe, dass ich auch im Finale so gut spiele.“Das wird auch notwendig sein, zumal mit Murray, der Wawrinka mit 6:4, 6:2, 4:6, 6:2 aus dem Weg räumte, sein Finalbezwi­nger von Rom wartet.

Im Damenfinal­e greift schon am Samstag eine nicht topfitte Serena Williams gegen die Spanierin Garbiñe Muguruza nach ihrem 22. MajorTitel und damit nach dem Rekord von Steffi Graf. „Ich habe Adduktoren­probleme, aber ich hoffe, dass es okay sein wird“, sagt Williams nach dem hart erkämpften Halbfinals­ieg über Kiki Bertens (NED).

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