Nein, die Welt ist keineswegs ein furchtbares Jammertal
Die Stimmung ist rundum schlecht. Wir sehen vor allem Probleme, Sorgen, Bedrohungen. Das verstellt den Blick auf eine Tatsache: Die Welt ist viel besser geworden.
Terroristen vergällen uns das Reisen. Schuldenberge in etlichen Ländern Europas stürzen den Euro in eine Krise, die Sparzinsen stehen auf null und die Banken werden bald Geld dafür verlangen, dass wir ihnen unser Geld zur Verfügung stellen dürfen. Etliche Länder rund um uns wirken, als wären sie unregierbar, und auch die Koalitionspartner in Wien machen immer wieder den Eindruck, als wollten sie lieber einander am Zeug flicken als echte Probleme lösen.
Die Medien sind voll mit schlechten Nachrichten und viele Politiker ziehen daraus Gewinn, auch wenn sie damit dem Land und der Gesellschaft einen miserablen Dienst erweisen. Der eine plappert davon, dass Österreich „abgesandelt“sei, der andere schwafelt von einem wahren Sturm von Immigranten, deren einziges Ziel es sei, unser schönes Abendland zurückzubomben ins Mittelalter. Der Mann belegt seine Intelligenz mit der Behauptung, jeder Terrorist sei ein Moslem. Das ist in Zeiten des NSU-Prozesses in Deutschland (weil Nazis wahllos Türken ermordeten) schon dumm genug. Die Festnahme eines rechtsextremistischen Franzosen, der während der Fußball-EM möglichst viele Moslems und Juden umbringen wollte, führt diesen Anspruch völlig ad absurdum. Terroristen, so scheint es, gibt es in jedem Lager und deshalb müssen wir sie alle in einer gemeinsamen Anstrengung bekämpfen.
Die Stimmung ist sichtlich schlecht und Bundeskanzler Christian Kern hat durchaus recht, wenn er verlangt, dass eine Regierung vor allem diese miese Laune, diese negative Grundbefindlichkeit bekämpfen muss, um das Land wieder auf einen positiven Kurs zu bringen.
Die schlechte Stimmung beschränkt sich freilich nicht auf Österreich. Fast ganz Europa badet geradezu in einem Meer von Sorge und Unsicherheit. Die Briten wollen womöglich raus aus der Europäischen Union und der Rest der EU schwankt zwischen einem trotzigen „Na dann geht doch raus!“und der Angst vor den Auswirkungen solchen Freiheitswillens. Ja sogar der Verlauf der Kandidatenauswahl zur amerikanischen Präsidentschaftswahl bietet einen Vorwand, erschrocken die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen.
Und doch sollte man sich einmal vor Augen halten, dass die Welt in den vergangenen Jahrzehnten um so vieles besser, sicherer, schöner geworden ist (siehe www.ourworldindata.org). Wer sich die Mühe macht, die Entwicklung der Welt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs anzuschauen, der entdeckt, dass noch niemals in der Geschichte so wenige Menschen von Armut betroffen waren. Hungersnöte, die noch vor zwei, drei Jahrzehnten Teile Afrikas immer wieder heimsuchten, sind kaum noch zu vermelden. Die Zahl jener Menschen, die keine Schule besucht haben und keinerlei Bildung genossen, sinkt weltweit kontinuierlich, und die Fähigkeit der Menschen, Krankheiten und Epidemien zu bekämpfen, ist enorm gestiegen, auch wenn neue Krankheiten dazukommen.
Die oft befürchtete Überbevölkerung der Erde wird nicht im erwarteten Ausmaß stattfinden, weil die Geburtenraten drastisch sinken, und zwar mit dem Ansteigen von Wohlstand und Bildung. Dies macht sogar den Effekt wett, der sich aus den Erfolgen der Medizin ergibt, die die Kindersterblichkeit dramatisch gesenkt und die Lebenserwartung der Menschen generell angehoben hat. Trotz der Schrecken, die die Bürgerkriege in Syrien, dem Irak und Libyen vermitteln, war die Zahl der Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen nicht mehr seit dem Zweiten Weltkrieg so niedrig wie heute. Ja, die Zahl der Kriege zwischen Staaten geht schon beinahe gegen null, die meisten Kriege heute sind innerstaatliche Konflikte.
Berechtigte Sorge macht der islamistische Terror, der zwar vor allem in Nahost und Nordafrika seine Opfer tötet, aber auch Europa heimsucht. Gute Polizeiarbeit und die Kooperation der Geheimdienste sollten freilich in der Lage sein, diese Gefahr zumindest einzudämmen.
Auch wenn nicht alles wunderbar ist in der Welt, so zeigt doch der Blick auf die langfristigen Entwicklungen, dass wir uns nicht in einer negativen Spirale nach unten befinden, sondern auf dem Weg zu einer immer besseren Welt. Wenn man das nicht vergisst, könnte man aktuelle Budgetprobleme, den einen oder anderen Reformstau, die Möglichkeit, dass die Briten die EU verlassen, und sogar die Schreckensvision, dass ein bigotter Rassist wie Donald Trump US-Präsident werden könnte, etwas leichter ertragen.