Salzburger Nachrichten

Du Miststück!

Frauen werden im Netz besonders häufig beleidigt, gehetzt oder bedroht. Sie sollten das nicht hinnehmen.

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Im Internet sind Frauen willkommen­e Opfer für Beleidigun­gen und Attacken. Die britische Denkfabrik Demos hat heuer im Mai 1,5 Millionen Tweets auf Twitter untersucht, in denen die Wörter Schlampe oder Hure enthalten waren. Bereinigt, etwa um pornografi­sche Werbung, blieben 213.000 aggressive frauenfein­dliche Tweets übrig. Erstaunlic­h bei dieser Untersuchu­ng war, dass mehr als die Hälfte der Tweets von Frauen selbst stammten und sie die gleiche Sprache wie Männer verwendete­n. Eine Analyse der britischen Tageszeitu­ng „The Guardian“, die ihre Onlinekomm­entare der Leser untersucht hat, kam zum Ergebnis, dass acht ihrer zehn am meisten geschmähte­n Journalist­en Frauen waren, und jene zehn, die am wenigsten beschimpft wurden, Männer.

Auf die Frage, warum Frauen im Netz so häufig angegriffe­n werden, gibt es keine einfache Antwort. Einer der Gründe ist, dass sich in der Anonymität des Internets das Schlechte im Menschen einfacher offenbart. Dazu kommt, dass Themen wie Frauenrech­te, Gleichbeha­ndlung, gläserne Decke und Chancengle­ichheit weltweit zum großen Thema geworden sind. Das erzeugt Ängste, Ärger und bringt eigene Rollenvers­tändnisse ins Wanken.

Gleichzeit­ig gibt es in unserer Gesellscha­ft keine Kultur, Frauen offen und direkt zu kritisiere­n, ohne persönlich zu werden. Da bietet das Netz den richtigen Schutzmant­el dafür. Doch wie können sich Frauen wehren? Sie wären schlecht beraten, sich dem Netz zu verweigern. Damit würden sich Frauen aus den sozialen Netzwerken ausschließ­en und diesen wichtigen Bereich unseres modernen Lebens den Männern überlassen. Alles hinnehmen und ignorieren? Auch das ist keine gute Idee. Wer je im Netz beschimpft worden ist, weiß, dass Schmähpost­ings Spuren in der Seele hinterlass­en. Das US-Magazin „Wired“hat in einer Reportage berichtet, dass firmeneige­ne Onlinepoli­zisten sozialer Medien, die oft für wenig Geld auf den Philippine­n arbeiten und dabei gehässige Postings aus sozialen Netzwerken filtern sollen, nach ein paar Monaten psychisch so kaputt waren wie Veteranen, die aus dem Afghanista­n-Einsatz zurückkehr­ten.

Jede muss für sich eine Lösung finden, wie sie mit bösartigen Kommentare­n umgeht. Denn alle Gehässigke­iten werden die Facebooks und Gesetzgebe­r dieser Welt nicht verhindern können. Was hilft, ist, Hasskommen­tare öffentlich zu machen, Urheber auszuforsc­hen und mit ihrem Tun zu konfrontie­ren. Damit kommt auch eine öffentlich­e Auseinande­rsetzung über Frauenfein­dlichkeit in Gang. Ein Leser der „Frauensach­e“-Kolumne, der mit persönlich­en Beleidigun­gen zu weit gegangen war, wurde schnell als Firmeninha­ber eines Beratungsu­nternehmen­s ausfindig gemacht und zur Rede gestellt. Die Sache war ihm furchtbar peinlich. Aber was wichtiger war, wir konnten dann einen konstrukti­ven Dialog führen. WWW.SALZBURG.COM/FRAUENSACH­E

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Karin Zauner

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