Es gibt weniger Atomwaffen
Aber sie werden moderner. Von einer nuklearen Abrüstung ist die Welt immer noch weit entfernt.
„Zu beobachten ist eine Modernisierung der Nuklearprogramme.“
Anfang 2016 gab es 15.395 Atomsprengköpfe auf der Erde. Damit bleibt eine atomwaffenfreie Welt auch 27 Jahre nach dem Ende des Kalten Kriegs nur ein frommer Wunsch. Laut dem heute, Montag, veröffentlichten Jahresbericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI hat keine der Atommächte vor, wirklich auszusteigen.
Die USA und Russland stehen noch immer für 93 Prozent aller Nuklearwaffen. Im Rahmen des Abrüstungsabkommens „New START“vermindern beide Länder zwar seit 2011 weiter ihre Bestände. Dies aber im „langsamen Takt“. Insgesamt verfügten die USA Anfang 2016 über 7000 nukleare Sprengköpfe, wovon 1930 schnell einsatzbereit sind. Russland hatte 7290 Sprengköpfe, davon 1790 kurzfristig einsatzbereit. Noch 2010 hatten die USA 9600 und Russland 12.000 atomare Sprengköpfe.
Beide Nationen führen laut SIPRI eine „extensive und teure Modernisierung ihrer Atomwaffenprogramme“durch. In einigen Schätzungen wird davon ausgegangen, dass Washington in den nächsten 30 Jahren rund eine Billion Dollar für die Modernisierung seiner Kernwaffen ausgeben werde, heißt es bei SIPRI.
So ist unter anderem geplant, die B61-Bomben ab 2022 durch B61-12Bomben zu ersetzen. Letztgenannte treffen ihr Ziel akkurater. Dazu müssen neue Kontroll- und Produktionseinrichtungen gebaut werden. „Der von Washington präsentierte ehrgeizige Modernisierungsplan steht in starkem Kontrast zu Präsident Barack Obamas Versprechen, die Anzahl der Nuklearwaffen und deren Rolle in der Strategie zur nationalen Sicherheit der USA zu reduzieren“, kritisiert Hans Kristensen vom SIPRI.
Russland ist seit Langem dabei, seine stark veralteten Sowjetsysteme zu erneuern, um nicht zu weit hinter die USA zurückzufallen. Es leidet aber an finanziellen Engpässen. Auch in den kleineren Atomwaffennationen gibt es laut SIPRI Entwicklungsund Modernisierungsbestrebungen. Großbritannien verfügte Anfang 2016 über 215 Sprengköpfe, Frankreich über 300, China über 260, Indien hatte zwischen 100 und 120 im Arsenal, Pakistan zwischen 110 und 130, Israel 80 und Nordkorea angeblich zehn, wobei diese Zahl anhand von Schätzungen zur Produktionskapazität des nordkoreanischen Uranreaktors Yongbyon angegeben wurde. Israel lehnt es ab, sein Atomwaffenprogramm zu bestätigen oder zu dementieren. China, das trotz seiner Größe und wirtschaftlichen Stärke über relativ wenige Atomwaffen verfügt, betont in einem 2015 veröffentlichten Verteidigungshandbuch, dass es nur ein Minimum an Atomwaffen zur Verteidigung und zum atomaren Gegenangriff unterhalte.
„Trotz der anhaltenden Verminderung der Zahl der Atomwaffen bleiben die Aussichten auf einen echten Prozess zur nuklearen Entwaffnung trüb“, kommentiert SIPRI-Nuklearwaffenexperte Shannon Kile. „Sämtliche Atomwaffenländer betrachten die nukleare Abschreckung nach wie vor als Eckstein ihrer nationalen Sicherheitsstrategien“, sagt er.