Schmuck engt den Blick nicht bloß auf Schönes ein
Wer macht Schmuck zur spannenden Kunst? In Salzburg sind 13 Kandidaten für den „Eligius“-Preis zu sehen.
SALZBURG. Wenn a) Schönheit leiden muss, und b) Schmuck das beste Mittel ist, um die Schönheit zu steigern, bedeutet das dann c) automatisch, dass möglichst unbequeme Preziosen die größte Wirkung erzielen müssen? Nicht unbedingt. Zum Einzwängen oder gar Kasteien seiner Trägerinnen ist der wuchtige Halsschmuck im Bild nebenan auch gar nicht gedacht. Im Gegenteil. Die österreichische Schmuckkünstlerin Lena Grabher will die strikten Grenzen zwischen Körper und Umwelt auflösen, unter anderem mithilfe der eingebauten Spiegelelemente. „Diplopia“heißt die Schmuckserie. In der Medizin beschreibt der Begriff das Sehen von Doppelbildern. Grabher nutzt ihn für Schmuckobjekte, die mit Wahrnehmung und Illusion spielen. In Salzburg ist Lena Grabher als eine von dreizehn heimischen Schmuckschaffenden derzeit für den „Eligius-Preis“nominiert. In der Galerie im Traklhaus sind Objekte aller Anwärter in einer Ausstellung versammelt. Leiden muss die Schönheit etwa bei Petr Dvorak: Er zeigt unter anderem eine Halskette, die sich aus Sägeblättern zusammensetzt. Erholung verspricht hingegen Ulrich Reithofer: Statt Perlen und kostbarer Steine prangen auf seinen Broschen und Ohrgehängen zum Beispiel kleine Liegestühle, vielleicht als Symbol dafür, dass nicht Edelsteine, sondern Freizeit der neue Luxus ist.
Die vielen verschiedenen Zugänge der Künstler zu Schmuckmaterial (zu sehen sind auch Stücke aus Fischschuppen oder Kalbleder) und auch zu Formaten zeichneten die aktuelle Schmuckkunst aus, sagt Andrea Schaumberger von der Galerie im Traklhaus. Für den heurigen Preis-Jahrgang hat eine Jury aus 45 Bewerbungen 13 Finalisten ausgesucht. Am 5. Juli wird die Siegerin oder der Sieger gekürt.
Parallel zeigt das Traklhaus auch eine Retrospektive mit Schmuck einer Künstlerin, deren Schaffen schon seit den 70er-Jahren anerkannt wird. In mehrere Werkgruppen geordnet sind ihre Schmuckobjekte in Vitrinen zu sehen. An den Wänden hängen Fotos, die Ringe, Broschen oder Ketten im getragenen Zustand zeigen. Schmuck, sagt Anna Heindl, sei für sie nicht allein ein Ausstellungsobjekt. „Mich hat immer hauptsächlich die Tragbarkeit interessiert. Schmuck hat eine Signalwirkung für die Umwelt, er sensibilisiert für Form, Farbe und Ausdruck.“Zum Thema Grenzen hat Heindl etwa früh Broschen aus Zaunstrukturen entworfen. Zu ihren frühesten Arbeiten zählen filigrane Objekte aus Email und Medizinstahl. Damals sei die Suche nach alternativen Schmuckmaterialien wichtig gewesen, „die Frage war, was es jenseits des Goldglanzes Spannendes geben könnte“. Auch aus dem Kosmos des Malers Hieronymus Bosch und aus den Lichtstimmungen am Himmel hat sie sich Impulse für Serien geholt. „Ich verarbeite immer, was ich sehe, oft kann ich das Thema erst im Nachhinein benennen“, sagt Heindl. Was der Schmuckkunst derzeit fehle, sei die breite Anerkennung durch Kunstbetrieb und Museen. Die Salzburger „Eligius“-Ausstellung indes wird auch heuer ins Wiener MAK wandern (7. bis 25. September).