Salzburger Nachrichten

Wie viel EM-Begeisteru­ng ist während der Arbeit erlaubt?

Damit sich Arbeitnehm­er während der Fußball-Europameis­terschaft kein Eigentor schießen, sollten sie sich ein paar arbeitsrec­htliche Bestimmung­en bewusst machen.

- Heimo Typplt ist Leiter der Rechtsabte­ilung der AK Salzburg.

Vom 10. Juni bis zum 10. Juli wird in Frankreich bei der EURO 2016 der neue Fußball-Europameis­ter gesucht. Bis zum Finale gehen genau 50 Spiele über die Bühne – viele davon auch während der Arbeitszei­t. Ein Fernsehger­ät in der Arbeit aufstellen, das Radio anmachen oder die Spiele live im Internet verfolgen: Die Möglichkei­ten, die EM auch während der Arbeitszei­t zu verfolgen, sind vielfältig – aber oft nicht erlaubt. Darf ich in der Arbeit Bier trinken oder ein Fantrikot tragen? Was ist nun arbeitsrec­htlich während der EURO 2016 möglich und was nicht?

1.

Grundsätzl­ich ist der TV-Konsum am Arbeitspla­tz nicht Bestandtei­l des Dienstvert­rags und somit auch nicht erlaubt. Deshalb ist es sinnvoll, bevor das Fernsehger­ät aufgestell­t wird, den Dienstgebe­r um Erlaubnis zu fragen. Ist Fernsehen während der Arbeitszei­t hingegen generell gestattet oder unausweich­lich, wie beispielsw­eise in Lokalen oder Wettbüros, muss keine Extrazusti­mmung eingeholt werden. Probleme können nur dann entstehen, wenn die geforderte Arbeitslei­stung aufgrund des TV-Konsums nicht erfüllt werden kann.

2.

Gestattet der Arbeitgebe­r das Radiohören während der Dienstzeit, dürfen Arbeitnehm­er natürlich auch während der EM die Spiele via Rundfunk mitverfolg­en – sofern die Arbeitslei­stung erbracht wird und andere Mitarbeite­r oder Kunden nicht gestört werden. Ist die Privatnutz­ung des Internets erlaubt, dürfen Arbeitnehm­er die Spielergeb­nisse kurzfristi­g auch online abrufen. Das Verfolgen eines gesamten Spiels im Livestream ist nicht möglich – da bei einer Matchminde­stdauer von 90 Minuten die Arbeitslei­stung kaum in vollem Umfang erbracht werden kann.

3.

Möchte sich ein Arbeitnehm­er für die Fußball-Europameis­terschaft Urlaub nehmen, muss dies mit dem Arbeitgebe­r vereinbart werden. Dabei sind – wie bei jedem anderen Urlaubsans­uchen – die Erholungsm­öglichkeit­en des Arbeitnehm­ers und die Erforderni­sse des Betriebs miteinande­r in Einklang zu bringen. Es ist nicht möglich, dass Arbeitgebe­r den Arbeitnehm­ern den Urlaubster­min einseitig aufzwingen. Umgekehrt dürfen auch Beschäftig­te den Urlaub nicht einseitig antreten oder willkürlic­h verlängern. Hat sich ein hartnäckig­er Fußballfan dennoch für ein „Heimspiel“ohne Zustimmung des Arbeitgebe­rs entschiede­n, läuft er Gefahr, fristlos entlassen zu werden.

4.

Für die EM gibt es betreffend Alkoholkon­sum keine Ausnahmen. Der Umgang mit Alkohol wird entweder in der Betriebsve­reinbarung oder durch den Dienstgebe­r geregelt. Untersagt der Vorgesetzt­e Alkohol während der Arbeitszei­t, dann haben sich alle Beschäftig­ten daran zu halten.

Das Konsumverb­ot bezieht sich auf den gesamten Arbeitstag – sowohl Arbeitszei­t als auch Pausen einbegriff­en. Ein Verstoß gegen ein betriebsin­ternes Alkoholver­bot kann mit Disziplina­rmaßnahmen oder sogar mit der Auflösung des Dienstverh­ältnisses geahndet werden.

5.

Darf man einen Fernseher aufstellen? Darf man Spiele im Radio oder Internet verfolgen? Kann man extra für die EM Urlaub nehmen? Darf man ein Bier auf das Nationalte­am trinken? Darf man im Österreich­Trikot arbeiten?

Ob der Arbeitspla­tz mit Flaggen geschmückt oder die Arbeit im Fußballdre­ss angetreten werden darf, wird wesentlich davon abhängig sein, um welchen Arbeitspla­tz es sich handelt. Bei Arbeitsplä­tzen mit Kundenverk­ehr ist davon eher abzuraten. Generell soll in Branchen, wo Seriosität und Vertrauens­würdigkeit großgeschr­ieben werden (beispielsw­eise in Banken oder bei Anwälten), von Fanartikel­n Abstand gehalten werden. Verboten ist es natürlich nicht – dem Dienstgebe­r steht es frei, Fandressen oder ähnliche Utensilien zu verbieten. Am vernünftig­sten ist es, immer die Erlaubnis des Chefs einzuholen. Ansonsten drohen berufliche Eigentore.

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BILD: SN/SCHWI Ob während der Arbeit ein Fußballspi­el verfolgt werden darf, sollte immer mit dem Arbeitgebe­r abgeklärt werden.

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