Früher Infarkt heilt schlecht
Ein Herzinfarkt, der in den Morgenstunden passiert, ist besonders gefährlich. Bis jetzt war jedoch weitgehend unklar, was die molekulare Ursache dafür ist.
MÜNCHEN, SALZBURG. Seit Langem ist bekannt, dass das Herz-Kreislauf-System in der Früh seine schwächste Phase hat. Infarkte und der plötzliche Herztod treten zu dieser Tageszeit besonders häufig auf. Das hängt mit der inneren Uhr zusammen, die in einem 24-Stunden-Rhythmus arbeitet und viele körperliche Prozesse im Laufe des Tages beeinflusst. Die Sterblichkeit ist bei morgendlichen Herzinfarkten größer und die Heilungschancen sind schlechter.
Münchner Forscher haben nun bei Mäusen herausgefunden, was den Herzinfarkt in der Früh so gefährlich macht: In den frühen Morgenstunden verschlechtert eine überschießende Immunantwort die Heilungschancen eines geschädigten Herzmuskels. Nach einem Herzinfarkt hängt es vom Tageszeitpunkt ab, wie die Entzündungsreaktion im betroffenen Herzmuskel verläuft. Bei einem Herzinfarkt sterben Herzmuskelzellen ab. Daraufhin wandern Zellen des Immunsystems, die Neutrophilen Granulozyten, in das geschädigte Gewebe. Sie lösen eine Entzündungsreaktion aus, durch die das abgestorbene Gewebe von Immunzellen abgebaut wird. Die Neutrophilen Granulozyten haben eine wichtige Funktion im Heilungsprozess.
Forscher um Sabine Steffens, Professorin für Klinische Pathobiochemie am Institut für Epidemiologie und Prophylaxe der Kreislaufkrankheiten am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, haben aufgedeckt, dass die Stärke der Immunantwort und damit die Rekrutierung der Neutrophilen Granulozyten an die Entzündungsstelle über den Tagesverlauf schwankt, abhängig vom Biorhythmus. Die Immunzellen lösen, etwa eine Stunde nachdem die aktive Phase begonnen hat, eine stärkere Entzündung aus als in der Schlafphase oder im späteren Tagesverlauf. Sabine Steffens erklärt das: „Zu Beginn der aktiven Phase werden mehr Neutrophile aus dem Knochenmark freigesetzt. Beim Menschen liegt ihre aktive Phase in den frühen Morgenstunden. Ein Herzinfarkt zu dieser Zeit führt zu einer übermäßigen Entzündungsreaktion durch Neutrophile. Das verschlechtert die Heilungschancen, da sich infolge der stärkeren Entzündung auch mehr Narben im Gewebe bilden und sich der Herzmuskel ausdehnt, was das Herz schwächt.“
Die Wissenschafter zeigten zudem, dass ein Signalprotein, das auf der Zelloberfläche der Neutrophilen sitzt, nach Uhrzeit arbeitet – am stärksten nach dem Aufwachen. Wurde dieses Protein medikamentös unterdrückt, verringerte sich die Entzündung und damit die Schädigung des Herzmuskels.
„Die stärkere Entzündung dehnt den Herzmuskel und schwächt das Herz.“