Die heile Welt des Sports
Ein jubelnder kroatischer Fan, der nach einem Tor auf den Platz stürmt, russische Schläger, die den Sektor englischer Fans stürmen: Das waren Bilder, die es am ersten Wochenende bei der EURO gegeben hat, aber die nicht im TV zu sehen waren. Denn welche Bilder über die Bildschirme flimmern, das bestimmt auch hier die veranstaltende UEFA.
Zensur oder sinnvolles Ausblenden ungewollter Begleiterscheinungen?
Zumindest die deutschen Sender ARD und ZDF haben sich bei der UEFA über die eingeschränkte Bildauswahl beschwert. „Wir haben gemeinsam mit der ARD Kontakt mit der UEFA aufgenommen und unsere Erwartungshaltung klar dargestellt“, sagte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz. Die Reaktion der UEFA: „Wir wollen nicht, dass Szenen von Gewalt im Fernsehen zu sehen sind.“
Das ist bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, letztlich ist es aber nichts anderes als ein Ausblenden der Realität. Alle Bilder von Ausschreitungen am Wochenende wurden von Amateurfilmern oder zufällig anwesenden TV-Teams gemacht.
Dass man solche Bilder ausblendet, ist aber nicht eine Eigenart der UEFA. Am konsequentesten geht auch hier das Olympische Komitee vor, das sogar einen eigenen TV-Kanal plant, um das Hochglanzprodukt Olympia künftig ohne Kratzer übertragen zu können. Was nicht in die Realität der Verbände passt, das darf auch nicht sein. Zumindest im eigenen TVKanal bleibt die Welt des Sports übersichtlich und heil.
Dazu passt die Reaktion auf die Vorfälle von Marseille: Untersuchungen wurden gegen Russland wegen der Vorfälle im Stadion eingeleitet. Vor dem Stadion zu prügeln ist offenbar okay. Borniert? Ja sicher. Aber auch das ist ein gutes Anschauungsbeispiel, wie große Verbände funktionieren: nach ihren Gesetzen in ihrer eigenen Welt.