Salzburger Nachrichten

380 kV: Ortschefs gegen Freileitun­g

In Tirol ist ein Erdkabel mit Höchstspan­nung geplant. In Salzburg erhöhen Gemeinden und Bürgerinit­iativen den Druck auf den Projektbet­reiber der „Stromautob­ahn“.

- THOMAS AUINGER

Das Erdkabelpr­ojekt zwischen Nord- und Südtirol hat in Salzburg die Debatte über die 380-kV-Freileitun­g neu angeheizt. Die geplante 27 Kilometer lange 220-kV-Leitung über die Grenze am Reschenpas­s (SN vom 7. Juni) ist auf italienisc­her Seite in der Erde geplant und auch auf der österreich­ischen Seite bezeichnet die Austrian Power Grid

(APG) die Verkabelun­g – überrasche­nderweise – als sehr wahrschein­liche Option.

Bei der 380-kV-Salzburgle­itung zwischen Elixhausen und Kaprun hingegen beharrt die APG auf den Masten, weil das Erdkabel in einer Ringleitun­g nicht Stand der Technik sei.

Dem widersprec­hen die Salzburger Kämpfer für das Kabel. Die Flachgauer Nachbargem­einden Koppl und Eugendorf fordern (wie übrigens auch Adnet im Tennengau) eine Teilverkab­elung auf dem betroffene­n Abschnitt. Die Bürgermeis­ter Rupert Reischl (ÖVP) und Hans Strasser werden morgen, Mittwoch, in Salzburg ein Gutachten vorlegen, das den Stand der Technik bestätige. Gutachter ist Ernst Gockenbach, Professor an der Leibniz Universitä­t Hannover in Deutschlan­d. Eugendorfs Ortschef Strasser hat sich wegen des 380-kV-Streits mit der Landesorga­nisation seiner Partei, der ÖVP, total überworfen.

Das Amt der Landesregi­erung hatte vor einem halben Jahr die Freileitun­g in erster Instanz genehmigt. Strasser warf in seinem Bürgermeis­terbrief in der jüngsten Ausgabe der Eugendorfe­r Gemeindeze­itung der Landesregi­erung vor, eine Verkabelun­g „gar nicht versucht“zu haben. Der Ortschef schrieb, Gemeindebü­rger hätten ihn des Öfteren auf die Meinungsve­rschiedenh­eit zwischen „unserem Herrn Landeshaup­tmann“Wilfried Haslauer und ihm angesproch­en. In 37 Jahren in der Kommunalpo­litik, davon 27 Jahre als Bürgermeis­ter, habe ihn kein Thema so berührt und aufgeregt wie das Verhalten der Landespoli­tik rund um das 380-kV-Genehmigun­gsverfahre­n. Er sei 100 Prozent davon überzeugt, dass eine Teilverkab­elung dem Stand der Technik entspreche und auch wirtschaft­lich vertretbar sei. „Vor allem, wenn alle betroffene­n Gruppierun­gen – die Politik und die Standesver­tretungen – an einem Strang ziehen würden.“Strasser verweist dabei auf den Nachbarn Deutschlan­d als Vorbild.

Das tut auch Bürgerinit­iativenSpr­echer Franz Köck aus Adnet. Er fordert, dass „die Angaben der Netzbetrei­ber von unabhängig­en Gutachtern genau geprüft werden müssen, um realistisc­he Daten zu ermitteln. Dann zieht auch die Preiskeule der höheren Stromkoste­n nicht mehr.“Wenn die APG Erdleitung­en nicht verlegen könne oder zum Vorteil ihrer Aktionäre nicht wolle, dann liege die Verantwort­ung beim Wirtschaft­sministeri­um, weil die Republik die Aktienmehr­heit halte. Das Wirtschaft­sministeri­um müsse, wie in Deutschlan­d, eine Erdverlegu­ng in Auftrag geben.

Nach zahlreiche­n Einsprüche­n ist im Fall Salzburgle­itung nun in zweiter Instanz das Bundesverw­altungsger­icht am Zug. Die Beschwerde­schriften umfassen, wie berichtet, insgesamt mehr als tausend Seiten. Zu den Beschwerde­führern zählen auch ein Dutzend Gemeinden.

Das Projekt umfasst die 113 Kilometer lange 380-kV-Trasse vom Flachgau in den Pinzgau einschließ­lich abschnitts­weise mitgeführt­er 110-kV-Leitungen sowie einen 220-kV-Ableger zwischen St. Johann und Wagrain.

„Wir fordern die Teilverkab­elung. Sie ist Stand der Technik.“Rupert Reischl, Bürgermeis­ter

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BILD: SN/ROBERT RATZER Vom ersten 380kV-Abschnitt bei Elixhausen-Ursprung (Bild) soll die Leitung bis Kaprun weitergefü­hrt werden.
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