RH-Präsident: Zum Abschied 1007 Ideen
Josef Moser sammelte seine besten Ratschläge aus zwölf Jahren für Österreich.
Rechnungshofpräsident Josef Moser, der mit Monatsende nach zwölfjähriger Amtszeit aus seiner Funktion scheidet, hinterlässt dem Land ein praktisches Abschiedsgeschenk. In einem 474 Druckseiten umfassenden Konvolut, das er gestern der Öffentlichkeit vorstellte, listet er „1007 Empfehlungen für eine nachhaltige Entwicklung Österreichs“auf.
Einige Beispiele: Die Harmonisierung der Landesbeamtenpensionen könnte langfristig 400 Millionen Euro sparen. Bei den ÖBB-Pensionen betrage das Harmonisierungspotenzial bis zum Jahr 2050 insgesamt 920 Millionen. Bei den Sozialversicherungen sei im gleichen Zeitraum ein Potenzial von 786 Millionen zu holen. Bei den Nationalbank-Pensionen 41 Millionen.
Die Vorschläge Mosers beschränken sich nicht auf Pensionskürzungen im öffentlichen Bereich. Im Gesundheitsbereich wären durch Umschichtungen von den Spitälern zu den niedergelassenen Ärzten 4,75 Milliarden zu holen. Auch die Erhöhung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters, eine erhöhte Treffsicherheit von Förderungen und die „Abschaffung ausgewählter Steuerbefreiungen/-ausnahmen“finden sich in der Ideensammlung des scheidenden Rechnungshofpräsidenten. „Die Budgetkennzahlen zeigen, dass ohne Strukturreformen die öffentlichen Gelder nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden“, sagte Moser. Angesichts der zukünftigen Herausforderungen und immer knapper werdender Ressourcen seien „eine Zusammenführung von Aufgaben-, Ausgabenund Finanzierungsverantwortung sowie die Stärkung von Transparenz und Rechenschaftspflicht dringend notwendig“.
Mosers Nachfolgerin Margit Kraker wird heute, Donnerstag, vom Nationalrat gewählt.
WIEN. Er? Ein Rufer in der Wüste? „Nein, das bin ich nicht“, sagt der scheidende Rechnungshofpräsident Josef Moser bei seiner Abschiedspressekonferenz am Mittwoch. Immerhin seien 80 Prozent der Empfehlungen an die öffentliche Verwaltung seit 2007 auch umgesetzt oder eine Umsetzung zugesagt worden. Aber: Die 20 Prozent, die nicht umgesetzt wurden, haben es in sich. Denn dabei handelt es sich laut Moser um jene Bereiche, wo am meisten Geld durch Doppelgleisigkeiten, Ineffizienz oder Kompetenz-Wirrwarr versickert: im Schul-, Gesundheits-, Sozial- oder Pensionssystem und im weiten Feld der Förderungen.
Dass es Reformen brauche, sei fast allen politisch Verantwortlichen klar. „Nun ist es höchste Zeit, dem Wollen ein Tun folgen zu lassen“, fordert Moser und legte ein Abschiedsgeschenk auf den Tisch: einen 474-Seiten-Wälzer mit 1007 Empfehlungen, wie man Österreich besser, effizienter und bürgernaher verwalten und gestalten könnte. Es ist eine erweiterte Neuauflage eines Positionspapiers, das der RH schon vor Jahren herausgegeben hat – ohne großen Widerhall.
Die Notwendigkeit für Strukturreformen sieht Moser mehr denn je. Denn der budgetäre Spielraum wird immer geringer, wie er betonte: Seit 2010 sei die staatliche Gesamtverschuldung um 37 Milliarden Euro auf 290,7 Milliarden Euro gestiegen und zugleich die Abgabenquote – ohnehin schon eine der höchsten in Europa – von 41,1 Prozent auf 43,9 Prozent geklettert. „Österreich ist ärmer geworden“, sagte Moser. Denn statt nachhaltig zu wirtschaften, lebe Österreich von seiner Substanz. Darauf habe der Rech- nungshof schon 2006 hingewiesen. Mit jedem Tag, der vergehe, mit jedem Monat werde die Lage dramatischer. „Ohne Strukturreformen wird es nicht weiterhin für alle die gleichen Leistungen geben können“, warnte Moser. Schon im Bundesfinanzrahmen von 2016 bis 2020 sei die prozentuelle Steigerung bei den Ausgaben für Bildung, Wissenschaft und Forschung geringer als in den Jahren 2011 bis 2015. So wurden etwa 2014 8,64 Milliarden Euro für Bildung ausgegeben. Da das schon damals hinten und vorn nicht gereicht hat, mussten die Schulmieten an die Bundesimmobiliengesellschaft gestundet werden. Heuer seien offiziell 8,14 Mrd. Euro veranschlagt – und die Mieten würden fällig. Moser: „Wie soll man da mit weniger Geld das Auslangen finden? Indem man ineffiziente Strukturen weiter füttert. Das ist eine fatale Situation, die dem sozialen Frieden nicht guttut.“Vor allem gehe es darum, die Mittel effizienter einzusetzen. „Wir sollten unseren Kindern nicht einen Rucksack übergeben, den sie nicht mehr tragen können, sondern Ressourcen, damit sie zumindest so gut leben können, wie wir es tun.“
Zu den politischen Spielchen rund um die Bestellung seiner Nachfolgerin Margit Kraker wollte sich Moser nicht äußern. Er kenne aber die Direktorin des steirischen Landes-RH seit Jahren und sei sich sicher, dass sie ihre neue Aufgabe an der Spitze des Rechnungshofs gut wahrnehmen werde.
Was seine persönliche Zukunft angeht, gab sich der 60-Jährige zugeknöpft. Da sei noch keine Entscheidung gefallen. Sofern er gefragt werde, bringe er aber seine Expertise, die er sich in zwölf Jahren als oberster Kontrollor angeeignet habe, weiter gern ein, sagte Moser.