Die Visionäre des Silicon Valley
Wer die nächsten digitalen Weltrevolutionen vorbereitet und wie die Technologieschmiede im Norden Kaliforniens unsere Zukunft bestimmt – sowohl in hoffnungsvoller als auch in bedenklicher Hinsicht.
SALZBURG. Unser Leben heute – mit seinen Computern, Handys, Navis und Errungenschaften im Bereich der Social Media – haben wir fast zur Gänze dem Silicon Valley zu verdanken. Erstaunlich, dass jener Ort, der die Welt mit seinen Erfindungen auf eine immer schnellere Karussellfahrt der Veränderung schickte, über Jahrzehnte im Grunde gleich geblieben ist.
Seit dort in den 1970er-Jahren aus Silizium, englisch „Silicon“, erste Mikroprozessoren und Speicherchips gebaut wurden, zog die nur wenig später superreiche Region immer wieder kreative Denker, Firmengründer und Investoren en masse an.
Neun Jahre nach seinem ersten Film über die Fortschrittsvisionäre des Silicon Valley kehren Claus Kleber und seine Dokumentarfilmpartnerin Angela Anderson in den Norden Kaliforniens zurück. Was sind die neuesten Technologietrends, die heißesten Eisen und größten Bedrohungen, die unser Leben in naher Zukunft erwartet?
2007 war Claus Klebers Film „Amerikas andere Seite“betitelt. Neun Jahre später hat sich eine Menge getan. Dennoch ist das Technologietal südlich von San Francisco immer noch der Nabel der Welt, wenn es um digitale Innovation geht. In ihrem einstündigen Film „Schöne neue Welt“, zu sehen am Sonntag nach dem Fußball ab 23.30 Uhr im ZDF, wollen die Filmemacher wissen, wie unser Leben in ein paar Jahren aussehen könnte.
Nicht Facebook, Google und Co. stehen im Mittelpunkt ihres Interesses, sondern jene Denker und Unternehmer, die im Valley die nächsten Weltrevolutionen vorbereiten. Ob man ihren Ideen begeistert folgen oder eher vor ihnen warnen sollte, wissen Kleber und sein Team manchmal allerdings selbst nicht so genau.
Dass der Markt mitunter überhitzt erscheint und nicht jede Erfindung ihr Geld wert ist, kann durchaus verkraftet werden, wenn man das große Ganze im Blick hat. Auch das mögliche Scheitern beziehungsweise sein Überwinden gehört durchaus zum amerikanischen Selbstverständnis.
So war Facebook-Chef Mark Zuckerberg die Firma Instagram, einst eine App zum Fotoaufpeppen, eine Milliarde Dollar wert. Palmer Luckey, der eine einfache Datenbrille entwickelt hatte, erhielt sogar zwei Milliarden Dollar für seine Erfindung. Der Grund: Man geht davon aus, dass Technologien, die uns in virtuelle Welten tauchen, in naher Zukunft ganz groß auf dem Vormarsch sein werden. Silicon Valley steht jedoch nicht nur für Computer. Auch in den Bereichen Raumfahrt, Medizin- und Gentechnik und sogar soziale Projekte findet sich ungeheure Innovationsenergie im Norden Kaliforniens. Kleber spricht mit Menschen, die auf Grundlage ihrer Arbeit sicher sind, dass Autos sehr bald ohne unser Zutun durch die Gegend fahren, dass Tiere und Menschen nach dem Cut-&-PasteVerfahren in Sachen Gene neu zusammengesetzt werden, dass wir bald unseren gesamten persönlichen Alltag 24 Stunden lang in Bewegtbild aufzeichnen und dass wir unsere Gehirne technisch „tunen“werden, um dieser ganzen Entwicklung überhaupt noch folgen zu können. Dass manches, was einem da mit leuchtenden Augen erzählt wird, eher an Science-FictionSchreckensbilder menschlichen Lebens erinnert, bleibt dem wertkonservativen Claus Kleber natürlich nicht verborgen.
Wer kontrolliert eigentlich das Silicon Valley, lautet eine der Fragen. Der „heute journal“-Anchorman erhält von einem seiner Gesprächspartner daraufhin eine einleuchtende, wenn auch nicht gerade beruhigende Antwort.
Eine der großen Stärken des Silicon Valley sei, dass die Regierung zu langsam agiere, um die Entwicklungen dort zu kontrollieren.
Man weiß nicht, ob man angesichts dieser Auskunft lachen, weinen oder einfach nur erschrecken sollte. Nur eines ist sicher: Aufhalten wird man die Denker des Silicon Valley wohl kaum.