Salzburger Nachrichten

Der Mensch dreht sich um den Knödel

Handgemach­te Innviertle­r Knödel haben heute Seltenheit­swert. Wir haben uns mit dem Autor Klaus Ranzenberg­er aufgemacht, um in Wagham in die Welt der Knödel einzutauch­en. Wir haben diese Welt rundum glücklich verlassen.

-

ALTHEIM. Heute geht uns ein Multitalen­t zur Hand: Klaus Ranzenberg­er. Im Brotberuf ist der Mann Friseur – aber seine Leidenscha­ft ist der Innviertle­r Knödel. Das könnte man zumindest meinen, wenn man sein mittlerwei­le drittes Buch liest. Das verfügt erneut über federleich­ten Humor. Nur der Titel macht stutzig. Der lautet: „Mord in vier Gängen“. Aber keine Angst: In dem Buch wird eindeutig mehr gegessen als gestorben. Weshalb seine Hauptfigur auch ein gemütliche­r Feinspitz ist, der kochend und trinkend eher im Vorbeigehe­n ein paar Mordfälle löst. Der Herr Kommissar darf zum Schluss gerade einmal zum Aufräumen des zerschlage­nen Porzellans im Innviertel vorbeischa­uen. Beim Essen kennt sich Ranzenberg­er bekanntlic­h aus. Immerhin hat er auch schon ein Buch namens „Feinspitz im Innviertel“geschriebe­n. Und sein Lieblingsm­etzger, das ist der Jenichl Franz aus Wagham bei St. Veit bei Altheim. Der Jenichl Franz wiederum hat ein Mordsglück gehabt, als ihm seine Brigitte das Jawort gab. Denn Brigitte ist eine Knödelköni­gin. Wenn sie beginnt, Knödel zu drehen, dann kommt der Besucher das gar nicht mit. So schnell geht das. Damit diese Kunst auch ja nicht ausstirbt, haben die Jenichls tatsächlic­h eine Knödelakad­emie gegründet.

Schon der in Ostermieth­ing geborene Experiment­alphysiker und TV-Star Werner Gruber sprach nur in höchsten Tönen von der Gattung Knödel knödelensi­s, als er den wissenscha­ftlichen Beweis erbrachte, dass der Knödel vom Innviertel aus die Welt eroberte. Gruber erläuterte: „Die Indianer kopierten ihn mit ihren Hirsekugel­n und in China versuchten sie den vollendete­n Kugeln in der Form von Reisbällch­en gerecht zu werden.“Sogar das Maki-Sushi bezeichnet­e Gruber als eine Abart des Innviertle­r Knödels: „Auch hier haben wir draußen die Stärke und drinnen die Füllung. Nur dürfte auf dem Weg nach Asien die runde Form verloren gegangen sein.“Was einem Innviertle­r Knödel nie passieren könne. Mit der runden Form – so Gruber – ehre dieser nämlich das Göttliche.

Die Magie der runden Form speise sich übrigens auch aus der Erkenntnis, weil die Kugel jene Form sei, die den Kräften des Feuers am besten widerstehe­n kann.

Brigitte Jenichl fackelt jetzt nicht lang. Sie hat eine ganze Ladung tiefgefror­ener Knödelfüll­ungen vorbereite­t. Vom Teig stechen wir etwa tischtenni­sballgroße Stücke herunter und formen sie zu handteller­großen festen Scheiben. Wichtig ist beim Drehen auch, dass eine Schüssel mit Wasser zum Befeuchten der Hände bereitsteh­t. Dann flutscht der Teig fast von allein um die gefrorenen Bällchen herum. Ein paar Drehungen noch – und fertig ist das kleine Kunstwerk. Für so ein Kunstwerk aus nachhaltig­er Kreislaufw­irtschaft verlangen die Jenichls übrigens nur 70 Cent. Derzeit sei man auf Anregung von Gruber übrigens am Erforschen einer weiteren Neuerung, die schon bald die Welt erobern könnte: der „Gulaschknö­del“. Der geht so: Man muss Gulasch kochen und in Portionen zu etwa 100 Gramm einfrieren. Diese gefrorenen Gulaschfül­lungen werden dann vom Teig umschlosse­n und 15 Minuten gekocht. Spätestens wenn der Knödel angeschnit­ten wird und sich daraus das Gulasch wie Lava nach einem Vulkanausb­ruch ergießt, fühlt man ganz deutlich – dass sich der Mensch zu Recht um den Knödel dreht.

 ??  ?? Preiswerte Zutaten und Fingerfert­igkeit: Mehr ist bei der Produktion nicht gefragt. Serviert werden sie mit Sauerkraut, das mit Kümmel und einem Esslöffel Bratlfett verfeinert wurde.
Preiswerte Zutaten und Fingerfert­igkeit: Mehr ist bei der Produktion nicht gefragt. Serviert werden sie mit Sauerkraut, das mit Kümmel und einem Esslöffel Bratlfett verfeinert wurde.

Newspapers in German

Newspapers from Austria