Salzburger Nachrichten

Wer sind die „Neuen Rechten“?

Der Kripobeamt­e und Datenexper­te Uwe Sailer über Codes und Botschafte­n.

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SALZBURG. In den vergangene­n Monaten tauchte eine rechtsextr­eme Bewegung immer wieder in Medien und sozialen Netzwerken auf. Die „Identitäre Bewegung“störte Theaterauf­führungen, stürmte Vorlesunge­n oder kletterte auf das Dach des Burgtheate­rs. Vergangene­n Freitag marschiert­en bei einer Demonstrat­ion in Wien bis zu 1000 Personen auf.

Auch in Salzburg sind die „Identitäre­n“bereits in Erscheinun­g getreten. Zum Höhepunkt der Flüchtling­skrise organisier­ten sie zwei Demos mit insgesamt rund 700 Teilnehmer­n an der Grenze zu Freilassin­g. Drei Männer wurden festgenomm­en, weil sie den Hitlergruß gezeigt haben sollen.

Doch was ist eigentlich so neu an den „Neuen Rechten“?

Zum einen sei es die Optik, sagt Uwe Sailer, Linzer Kripobeamt­er und Datenforen­siker. Uniform, Springerst­iefel und Glatze seien nicht mehr gefragt. Um die rechtsextr­emen Botschafte­n in die Mitte der Gesellscha­ft zu tragen, werde nun ein harmloses und adrettes Äußeres gewählt. Eine gewisse Uniformier­ung gebe es trotzdem. Zum Beispiel Schuhe der Marke New Balance. Diese haben als Logo ein „N“aufgenäht – ein Code für „Nationalis­t“, sagt Sailer. Die Schuhmarke habe sich allerdings von der rechtsgeri­chteten Klientel distanzier­t.

Neu sei außerdem die Taktik, Aktionismu­s, harmlose Optik und politisch verbrämte Botschafte­n zu vermischen. Als Beispiel nennt Sailer das Erklettern des Burgtheate­rs durch „Identitäre“, während im Haus Elfriede Jelineks Stück „Die Schutzbefo­hlenen“über die Flüchtling­sproblemat­ik unter dem Ehrenschut­z von Parlaments­präsidenti­n Doris Bures aufgeführt wurde. Auf ein Transparen­t hatten sie, gemünzt auf Bures, „Heuchler“geschrie- ben. Damit transporti­erten sie laut Sailer vordergrün­dig die Botschaft „Wir sind unzufriede­n mit dem politische­n System, so kann es nicht weitergehe­n“. Das komme bei den Menschen an. Sailer: „Da werden viele zustimmen. Damit haben sie den Fuß in der Tür. Die Botschaft dahinter lautet: Unser Volk wird zurückgedr­ängt, zugunsten von Ausländern. Obwohl sie Störaktion­en durchführe­n, erhalten sie so Sympathien.“

Das liege auch am profession­ellen Umgang der „Identitäre­n“mit sozialen Medien wie Facebook, YouTube, Twitter und Co.

Nach den Anschlägen gegen das Satiremaga­zin „Charlie Hebdo“hielten die „Identitäre­n“eine Mahnwache vor dem französisc­hen Konsulat in Salzburg ab. Für Aufsehen sorgte der jetzige FPÖ-Stadtchef Andreas Reindl, den ein Foto hinter dem Transparen­t der „Identitäre­n“zeigte.

Reindl gab an, die Einladung über Facebook bekommen zu haben, ohne zu wissen, welche Positionen die „Identitäre­n“vertreten. Später distanzier­te er sich von der Gruppierun­g. Er wolle mit „extremisti­schen Organisati­onen“nichts zu tun haben. Das Foto, das ihn direkt hinter dem Transparen­t der „Identitäre­n“zeige, sei manipulier­t worden. Der Fotograf bestreitet das.

Reindl ist laut Sailer nicht der einzige FPÖ-Politiker, der in den Dunstkreis der „Identitäre­n“geraten ist. „Die FPÖ distanzier­t sich vordergrün­dig von den ,Identitäre­n‘. Aber die Fakten sagen etwas anderes – also die Spuren in den sozialen Netzwerken. Da gibt es viele, auch hochrangig­e FPÖ-Politiker, die Aktionen der ,Identitäre­n‘ mit ,Gefällt mir‘ markieren – und ,Likes‘ sind eindeutige Fakten“, erklärt Sailer.

„Sie nutzen die sozialen Medien perfekt für ihre Botschafte­n.“

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Uwe Sailer, Datenforen­siker
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