Salzburger Nachrichten

„Alles oder nichts“bei 380 kV

Gegner der „Stromautob­ahn“gehen aufs Ganze. Sie wollen beweisen, dass das Erdkabel Stand der Technik ist, und damit die Freileitun­g zu Fall bringen. Der Projektbet­reiber APG bleibt gelassen.

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Die Gemeinden Koppl und Eugendorf legten am Mittwoch das neue Gutachten eines deutschen Experten für Höchstspan­nungstechn­ik vor. 380-KilovoltEr­dkabel seien „weltweit im Einsatz und Stand der Technik“, stellte Professor Ernst Gockenbach von der Leibniz-Universitä­t Hannover fest. Ein weiterer Kabel-Fachmann, Prof. Wolf-Dieter Schuppe, bestätigte ihn darin.

„Es ging nicht darum, ob die Leitung sinnvoll ist, sondern ob man in sensiblen Gebieten mit besonderer Fauna und Flora eine Alternativ­e finden kann. Also um eine Teilverkab­elung“, sagte Gockenbach. Alternativ­en seien in der Umweltvert­räglichkei­tsprüfung unzureiche­nd berücksich­tigt worden. Das Land Salzburg hat die Freileitun­g von Elixhausen nach Kaprun vor einem halben Jahr in erster Instanz genehmigt. Nun ist das Bundesverw­altungsger­icht am Zug. Ob das Kabel Stand der Technik ist, ist die Kernfrage. „Weil der Antrag auf die Freileitun­g abzuweisen ist, wenn es eine geeignete Alternativ­e gibt, welche die Interessen des Naturschut­zes weniger beeinträch­tigt“, erläuterte der Rechtsanwa­lt der beiden Gemeinden, Adolf Concin. Das Gebiet um den Nockstein sei von der Vogelkunde und dem Landschaft­sschutz her „eindeutig höchst sensibel“.

Der Anwalt schätzt grob, dass die zweite Instanz zwei bis drei Jahre brauchen könnte. Die Beschwerde­n machten mehr als 3000 Seiten aus. Concin geht davon aus, dass eine mündliche Verhandlun­g angesetzt wird. „Die Zeit arbeitet für uns.“

Es gehe um alles oder nichts. Denn der Projektbet­reiber Austrian Power Grid (APG) riskiere viel, da sein Freileitun­gsprojekt zurückgewi­esen werden müsse und nicht auf ein Kabelproje­kt „umgeschalt­et“werden könnte.

Die Bürgermeis­ter Rupert Reischl (Koppl) und Hans Strasser (Eugendorf) sehen den „Gegenbewei­s“zum Amtsgutach­ten erbracht. Das Kabel sei schon lang keine technisch-fachliche Frage, sondern eine politische (auf Bundes- und Landeseben­e). Die APG wolle vermeiden, dass sie „dann das Kabel überall machen müsste“, so Strasser. Zur Politik gehöre Mut. „Wer den Fortschrit­t nicht zulässt, setzt einen Rückschrit­t.“Der Ortschef gibt sich überzeugt: „Wir kriegen das Kabel.“Die Kosten würden laut den Experten drei bis fünf Mal so hoch sein wie für die Freileitun­g. Es gehe aber nur um annähernd zehn Kilometer. Eine Vollverkab­elung sei nie das Thema gewesen. Bezogen auf die gesamte Strecke wäre die Verkabelun­g nur 1,2 bis 1,5 Mal so teuer.

Die APG verweist auf das „netzbetrie­bliche Risiko“des Kabels. Das Gutachten beziehe sich nicht konkret auf das Projekt und es bringe „kein Argument, das im behördlich­en Ermittlung­sverfahren – und damit im UVP-Genehmigun­gsbescheid – noch nicht behandelt worden wäre“.

Zur Ausfallsic­herheit sagen die Kabelexper­ten, dass vier Stränge mit je drei isolierten Kabeln in der Erde ausgeführt würden. Und das sei in den höheren Kosten schon eingerechn­et.

„Das Erdkabel ist schon lang keine technische Frage mehr.“

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BILD: SN/ NATURSCHUT­ZBUND SALZBURG Das NocksteinG­ebiet müsse vor der 380-kV-Freileitun­g bewahrt werden, fordern die Projektgeg­ner und Erdkabel-Befürworte­r.
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Hans Strasser, Bürgermeis­ter

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